Bild nicht mehr verfügbar.
Usain Bolt will auf Moskauer Tartan einen persönlichen Lapsus und Verfehlungen anderer vergessen machen.
Moskau/Wien - Bei Olympia 2008 in Peking und 2012 in London sowie bei der WM 2009 in Berlin gewann Bolt Gold über 100 und 200 Meter sowie mit der jamaikanischen Sprintstaffel. Sechs dieser neun Triumphe gelangen in Weltrekordzeit. Alleine vor zwei Jahren bei der WM im koreanischen Daegu musste sich der Tartanbahn-Entertainer mit nur zwei Goldenen bescheiden, weil er über 100 Meter nach einem Fehlstart disqualifiziert worden war. Landsmann Yohan Blake profitierte vom Lapsus, der 24-Jährige ist aber wegen einer Verletzung für Moskau verhindert.
Der US-Amerikaner Tyson Gay und Jamaikas Ex-Weltrekordler Asafa Powell sind wegen positiver Dopingbefunde verhindert, weshalb Bolt nach menschlichem Ermessen nur durch sich selbst zu stoppen sein wird. Allenfalls Justin Gatlin wird zugetraut, das Finale halbwegs eng gestalten zu können. Der mehrfach des Dopings überführte New Yorker, der eine vierjährige Sperre absaß, hat Bolts Aufmerksamkeit. Der 26-Jährige bezeichnete den um fünf Jahre älteren Olympiasieger von 2004 als "lästig", ließ aber keinen Zweifel daran, dass nur Gold zählt, denn "wenn ich aufhöre, will ich zu den Größten gehören. Jungs wie Michael Jordan, Pele, Muhammad Ali - zu ihnen will ich aufschließen."
Die erwartete Freakshow
Über Bolts Show will auch Verbandspräsident Lamine Diack die Baustellen in der Leichtathletik-Welt zumindest kurzzeitig vergessen. Das Finale über 100 Meter werde ein "absolutes Highlight", frohlockte der 80-Jährige aus dem Senegal, der seit mehr als 30 Jahren auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) schmückt.
Es gibt aber im Lichte der jüngsten Doping-Enthüllungen auch die Meinung, dass dieser Lauf im durch 80.000 Zuseher ausverkauften Luschniki-Stadion erneut nicht mehr als eine Freakshow sein wird. Tatsächlich kommen die Doping-Einschläge Bolt immer näher. Das Thema ist dem Mann aus dem Norden Jamaikas unangenehm. Muss er darüber sprechen, kommt Bolt ganz ohne Späßchen aus. "Ich versuche, hart zu arbeiten und schnell zu laufen. Hoffentlich vergessen die Leute dann, was passiert ist", sagte er vor seiner Reise nach Moskau.
Die Goldader
Vor Ort sagte er kaum etwas, ließ lieber seinen Manager Ricky Simms sprechen: "Er möchte sich komplett auf die Rennen hier konzentrieren. Und er ist in einer sehr guten Form", sagte also der Ire, der den Abbau der sprintenden Goldader seit elf Jahren schupft.
Der ehemalige Mittelstreckenläufer Simms ist schon am Samstag in einem Finale finanziell und emotionell engagiert. Über 10.000 Meter schickt sich sein Schützling Mo Farah an, auch bei Weltmeisterschaften die Dominanz der Äthiopier, die zuletzt fünfmal en suite triumphierten, zu brechen. "Es wird sicher ein hartes Rennen", sagte der 30-jährige gebürtige Somalier, der im Vorjahr bei Olympia in London seine britischen Landsleute mit den Siegen über 5000 und 10.000 Meter verzückt hatte. "Ich muss mindestens so gut sein wie vor zwölf Monaten - wenn nicht noch besser", präzisierte Farah vor der Hatz über die 25 Stadionrunden.
Eine fixe Goldmedaille haben für das Wochenende auch die USA eingeplant, die vor zwei Jahren in Daegu die einschlägige Wertung mit 25 Medaillen, darunter zwölf Goldene, vor Russland (19/9) für sich entschieden. Im Zehnkampf matcht sich Titelverteidiger Trey Hardee (29) aus Alabama mit Olympiasieger und Weltrekordler Ashton Eaton (25) aus Oregon.
Eine quasi schon verbuchte Goldene müssen im letzten Moment die Gastgeber abschreiben. Julija Saripowa, Weltmeisterin und Olympiasiegerin über 3000 m Hindernis, hat sich bei einem Trainingssturz verletzt. (sid, lü, DER STANDARD, 10./11.08.2013)