Die Justiz macht ihren Job: Die – nicht rechtskräftige – Verurteilung des langjährigen FPÖ-Funktionärs Gernot Rumpold zu einer dreijährigen Haftstrafe im Telekom-Prozess zeigt, dass Politiker und Parteien in Österreich nicht mehr sakrosankt sind. Bei diesem Prozess wurde das in diesem Land praktizierte System der Parteienfinanzierung offengelegt: wie Freunderlwirtschaft funktioniert und welche Geldströme zwischen staatsnahen Unternehmen und Parteien fließen. Der Staatsanwalt fasste es so zusammen: Eine Firma habe "als Zahlstelle für eine verdeckte Zuwendung an die FPÖ" fungiert.
Deshalb ist es konsequent, dass die Freiheitlichen 600.000 Euro an die Telekom zurückzahlen sollen. Dieses Urteil stellt auch eine Richtschnur für das noch laufende Verfahren gegen das BZÖ dar. Dass diese Urteile knapp vor der Nationalratswahl am 29. September gefällt werden, sorgt für Zündstoff. Der Vorwurf der Politjustiz trifft angesichts der umsichtigen Prozessführung nicht zu.
Drei Jahre unbedingt ist ein strenges Urteil – das ist ein nahezu sicheres Ticket für eine Haftstrafe, auch wenn die nächste Instanz die Strafe noch herabsetzt. Rumpold ist nicht der erste Politiker, über den in den vergangenen Monaten wegen Korruption ein Urteilsspruch gefällt worden ist: Der frühere Innenminister und Europaabgeordnete Ernst Strasser (ÖVP) wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, der ehemalige Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz zu 5,5 Jahren – beide Urteile nicht rechtskräftig. Der frühere FPK-Chef Uwe Scheuch fasste wegen Bestechlichkeit sieben Monate bedingt aus.
Gerichtet wurde auch über das System Haider – wobei nicht mehr geklärt werden kann, ob sich die ehemaligen Weggefährten und Gesprächspartner zu Recht auf den vor mehr als vier Jahren verunglückten ehemaligen Kärntner Landeshauptmann berufen oder sich nur auf ihn ausreden. Klar ist, im Umfeld Jörg Haiders wurde ein Selbstbedienungsladen aufgebaut: Die Hypo Alpe Adria fungierte häufig als Geldgeber. Diese Woche befand die Justiz in Deutschland, dass sich Ex-BayernLB-Manager wegen Bestechung von Haider verantworten müssen.
Unternehmen wie die Telekom ließen sich einspannen, um Haiders "Gunst" zu bekommen, wie der ebenfalls verurteilte Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer im Prozess sagte.
Walter Meischberger, Mathias Reichhold, Hubert Gorbach, Karl-Heinz Grasser: Sie alle hatte Haider in die Politik geholt, sie alle sind ins Visier der Justiz geraten. Auch Neopolitiker Frank Stronach profitierte von der Zusammenarbeit mit Haider. Dieser verschaffte ihm günstig den Kauf von Schloss Reifnitz, auch hier ermittelt die Justiz. In Kärnten gab es diese Woche neuerlich Hausdurchsuchungen bei FPÖ-nahen Werbefirmen.
Weitere Verfahren könnten folgen: Der Eurofighter-Komplex ist nicht einmal ansatzweise ausgeleuchtet; in die Entscheidung über diesen Milliardenkauf waren Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), Finanzminister Grasser (damals FPÖ), Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ) und Rumpold involviert. In Zusammenhang mit dem Buwog-Verkauf wird weiter gegen Grasser & Co ermittelt.
Korruption und Freunderlwirtschaft sind keine Neuerscheinungen. Neu ist, dass diese Offenkundigkeit, diese Unverschämtheit strafrechtliche Konsequenzen hat und in Urteile mündet. Das stärkt den Glauben an den Rechtsstaat in Österreich. (DER STANDARD, 10.8.2013)