Graz - Später im Herbst 1995, als der Konkurs der Bank vor Gericht verhandelt wurde, sagten Aufsichtsräte und Miteigentümer - darunter honorige Industriebosse, Geschäftsleute und renommierte Rechtsanwälte - sie hätten keine Ahnung gehabt, dass ihrer Bank schon seit Jahren das Fundament fehlte. So wirklich glauben konnte das niemand. Auf Vorstandsebene hatten jedenfalls alle die Katastrophe vor Augen, aber sie tanzen all die Jahre munter am Vulkan - immer das große Geld vor Augen.

Der Zusammenbruch kam natürlich nicht von heute auf morgen. Die ersten Pleitegeier zogen über dem kleinen Institut (Bilanzsumme: 180 Millionen Euro) schon 1985 ihre Kreise. Der Dollarkurs war in den Keller gestürzt, der Aluminimumpreis gleich hinterher, und plötzlich klaffte auf dem ohnehin seit Jahren belasteten BHI-Konto eines Grazer Buntmetallhändlers ein 50-Millionen-Schilling-Loch (3,6 Mio. Euro).

Die BHI-Vorstandschefs zeigten sich als hilfsbereite Banker. Weil diese Summe die Eigenmittelbasis der Bank aber bereits überschritten hatte, halfen sie dem illustren Pleitier mit getürkten Bankgarantien aus der Patsche. Und das über Jahre, weil das Loch immer tiefer und seine Versprechungen von der großen Kohle immer größer wurden. Er schwärmte von traumhaften Renditen aus Ostgeschäften. Der spleenige Unternehmer hatte dem BHI-Vorstand das Blaue vom Himmel erzählt, ihn mit Vertragsentwürfen abstruser Firmen von Moldawien bis Ex-Jugoslawien beeindruckt und die Bankmanager auch nach Moskau mitgenommen. Sie bekamen die angeblichen Geschäftspartner aber nicht zu Gesicht (ein Vorstand vor Gericht: "Wir warteten im Hotelzimmer.")

Am Ende der Träume standen eine bankrotte Bank mit einem Schaden von 16 Mio. Euro, hungerstreikende Sparer, die um ihre Einlagen umgefallen sind, und Bankvorstände, die samt Chefsekretärin und dem Pleitier hinter Gitter landeten. Der Schöffensenat des Grazer Straflandesgerichtes hatte den Kleinunternehmer und den hauptverantwortlichen Bankchef zu je sieben Jahren Haft verdonnert. Der zweite Bankvorstand erhielt fünf Jahre, die Chefsekretärin kam mit drei Jahren, 26 Monate davon bedingt, davon.

Die Hauptfigur in der Aufarbeitung des Konkurses war der bis dahin nur lokal bekannte Rechtsanwalt Harald Christandl, der die rund 370 betrogenen Sparer vertrat, und der - viel belächelten - Meinung war, der Staat habe die Bankenaufsichtspflicht verletzt und müsse deshalb zahlen. Weil der private Bankprüfer auch letztlich im Sinne der Bankenaufsicht hoheitliche Aufgaben habe. Zehn Jahre Später hatte Christandl vom Obersten Gerichtshof recht bekommen. Fazit: Alle von ihm vertretenen Sparer und Kleinanleger bekamen 100 Prozent ihrer verlorenen Gelder zurück, 80 Prozent über die Konkursmasse, 20 Prozent musste der Staat drauflegen.

Juristisches Neuland

"Das war natürlich juristisches Neuland, und alle meinten, ich sei größenwahnsinnig geworden, als wir die Republik geklagt haben. Die BHI-Pleite war aus heutiger Sicht betrachtet aber in jedem Fall für den heimischen Bank- und Kapitalmarkt ein großer Einschnitt, sie hat nachhaltig zu wesentlichen Gesetzesänderungen geführt", sagt Christandl im Gespräch mit dem Standard.

Die Kontrollmechanismen im Bankwesen und auch die Ratingsysteme seien verschärft worden, die Einlagensicherheit habe sich erhöht, und letztlich - glaubt Christandl - sei die BHI-Pleite auch Mitauslöser für die Gründung der Finanzmarktaufsicht (FMA) gewesen.

Die Republik hätte sich, so Christand, eigentlich viel Geld sparen können. "Tatsache ist, wenn die Republik damals die Haftung übernommen hätte, was in der Regierung aber abgelehnt wurde, wäre die Sache wesentlich billiger gekommen." Man hätte schon vor der Insolvenz die Möglichkeit dazu gehabt. Die Steiermärische Sparkasse wollte die BHI auffangen, wollte aber eine Garantie der Republik für eine Ausfallshaftung in der Höhe von damals 300 Millionen Schilling (21 Mio. Euro)

Christandl: "Man hätte sich halt die Sache genau durchrechnen müssen, was kostet mich als Staat die Pleite und was, wenn ich eine Haftung übernehme. Aber das hat keiner gemacht. Eine Bank-Insolvenz ist halt kompliziert und nicht das Gleiche wie die Pleite einer Würstelbude." (Walter Müller, DER STANDARD, 12.8.2013)