Salzburg – Auch so kommt man in den Genuss eines tollen Werkes: Komponist György Kurtág wurde mit seiner (von den Festspielen bestellten) Oper nicht fertig, wor­aufhin Harrison Birtwistles Gawain in Szene gesetzt wurde. Und da auch das rein instrumentale Schaffen des Briten schwerpunktmäßig zu präsentieren war, fand nun dessen Violinkonzert Einzug ins Programm. Und schließlich: Da es einst für den Geiger Christian Tetzlaff komponiert wurde und dieser in Salzburg antrat, kam es in idealer Konstellation zur exquisiten Umsetzung eines delikaten Werkes. 

Das Opus ist keine leichte Kost, aber ein smart inszenierter Dialog zwischen Solist und Orchester: Vor zunächst düster-flächigem Hintergrund vollführt Tetzlaff expressive, quasi rezitativische State­ments, die sich zu virtuosen Linien wandeln. Selten ist kantables Sinnieren zugegen; permanent un­ter Strom wirkt die Geige, die sich auch mit solistischen Einwürfen von Oboe, Trompete und Fagott auseinandersetzt. Das RSO Wien unter Cornelius Meister tönt bisweilen, wenn das Blech interveniert, sogar jazzig. Es baut mitunter aber auch atmosphärisch sanfte Klangräume um Tetzlaff, der mit frappanter Intensität an die Phrasierung geht. Ein Werk der beeindruckend organisierten Ausdrucksvielfalt. 

Entspannter danach die 4. Symphonie Gustav Mahlers: Meister sieht den Grundcharakter des Werkes im Sanft-Fragilen. Auf dem Weg zum vokal geprägten Finale setzt er auf möglichst diskrete Diktion, die Einzelstatements überschwänglich durchbrechen. Das betrifft die Geigensoli des zweiten Satzes, in dem auch drei Klarinetten herzhaft auf sich aufmerksam machen. Das betrifft auch den dritten Satz, in dem sich langsam auch die Streicher zu fiebrig-jauchzendem Gesang aufschwingen. 

In Summe hatte diese Mahler-Version Charme und Konsequenz. Dass die Atmosphäre im Himmlischen Leben keine besondere Magie mehr versprühte, lag dann eher an der im Ausdruck nicht sonderlich frei wirkenden vo­kalen Umsetzung von Dorothea Röschmann. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 14./15.8.2013)