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Ubuntu-Gründer Mark Shuttleworth im Rahmen eines Vortrags auf der OSCON im Juli 2013.

In den vergangenen Jahren hat Ubuntu immer wieder grundlegende Transformationen durchgemacht. Als klassische Linux-Distribution gestartet, hat der dahinter stehende Softwarehersteller Canonical mit der Zeit immer stärkere Modifikationen an der Software vorgenommen, eine eigene Desktop-Umgebung entwickelt und ist zunehmend auch in den Server-Markt vorgedrungen.

Finanzierung

Als letzter großer Schritt folgte der Einstieg in den Mobilfunkmarkt: Mit Ubuntu Phone soll die Welt der Smartphones umgekrempelt werden, so die Hoffnung. Eins ist bei all den Änderungen aber gleich geblieben: Von der Profitabilität ist Canonical noch immer weit entfernt. Das Unternehmen lebt seit seinen Anfängen von vor fast 10 Jahren zu einem guten Teil von den privaten finanziellen Zuwendung des Firmengründers Mark Shuttleworth.

Vermögen

Der Südafrikaner war in den Neunziger-Jahren über den Verkauf des Sicherheitszertifikatsspezialisten Thawte an Verisign zu mehr als einer halben Milliarde US-Dollar gekommen. Hatte er dieses noch in die Erfüllung privater Wunschträume - Shuttleworth sorgte als erster afrikanischer Weltraumtourist für Schlagzeilen - investiert, folgte ab 2004 das Linux-Engagement.

Anfänge

Dabei war dieses eigentlich gar nicht so langfristig ausgelegt, wie Shuttleworth gegenüber Wired betont. Eigentlich hatte er die Finanzierung nur für zwei Jahre zugesagt. Die Idee war damals den Anfangsdruck für das Ubuntu-Unterfangen zu reduzieren. Doch statt einem Ausstieg hat Shuttleworth über die Jahre immer mehr Geld in Canonical gepumpt, aktuell soll das Unternehmen bereits über 500 Angestellte in 30 Ländern verfügen.  Wie viel Shuttleworth ganz konkret zuschießt, ist allerdings unbekannt, ist Canonical doch ein privat geführtes Unternehmen, muss also keine Zahlen veröffentlichen.

Server

Dabei könnte Ubuntu ganz einfach profitabel werden, zeigt sich der Firmengründer überzeugt. Würde man sich auf den Server-Bereich konzentrieren, wäre die Linux-Variante schon jetzt auch ein finanzieller Erfolg. Vor allem im Bereich Cloud Computing gebe es eine starke Nachfrage nach Ubuntu und den Support-Verträgen mit Hersteller Canonical. "Sechs oder sieben der größten Telekommunikationsfirmen" hätten OpenStack Cloud-Lösungen auf Ubuntu-Basis im Einsatz, so Shuttleworth.

Widerspruch

Eine Behauptung, die beim Marktforscher IDC für etwas Verwunderung sorgt, derzeit sei es nur schwer vorstellbar, dass das Server-Geschäft Canonical wirklich tragen könnte. Dessen Umsätze würden sich im zweistelligen Millionenbereich - und damit auch weit jenseits der Zahlen von Marktführer Red Hat, der mittlerweile jährlich mehr als eine Milliarde US-Dollar umsetzt.

Motivationsfragen

Sei es wie es sei: Fest steht, dass die finanzielle Tragfähigkeit von Ubuntu nicht die oberste Priorität für den Milliardär darstellt. Er habe Interesse an den großen Umbrüchen, und mit Ubuntu Phone gebe es nun eben eine einmalige Chance grundlegende Veränderungen vorzunehmen, betont Shuttleworth. Und solch ein Ausblick erhöhe natürlich auch seine Lust zu investieren.

Konvergenz

Jene grundlegende Veränderung von der Shuttleworth spricht, ist die Konvergenz zwischen Desktop und mobilen Geräten. Künftig sollen Programme sowohl am Desktop als auch am Smartphone laufen. Der Ubuntu-Phone-Ansatz sieht sogar vor, dass sich das Mobiltelefon in einen Desktop-PC verwandelt, wenn es an einen externen Monitor gehängt wird.

Das Ende des Desktops?

Der Ubuntu-Gründer zeigt sich davon überzeugt, dass diese  Kombination die Zukunft darstellt: "Der Desktop alleine wird sterben", prognostiziert Shuttleworth. Die Kombination mit mobilen Plattformen sei nötig, um auf den grundlegenden Wandel im Client-Computing zu reagieren.

Crowdfunding

Bleibt abzuwarten, ob sich Ubuntu Phone tatsächlich zu einem Erfolg entwickeln wird, bisher sind die Nachrichten in dieser Hinsicht eher gemischter Natur. Zwar hat Canonical mit seiner Crowdfunding-Kampagne für das eigene Vorzeige-Smartphone "Ubuntu Edge" alle diesbezüglichen Rekorde gebrochen, und doch sieht es aktuell nicht so aus, als würde man das Ziel von 32 Millionen US-Dollar erreichen können.

Plan B

Freilich will Shuttleworth auch im Falle des Scheitern des Crowdfunding-Experiments nicht so einfach aufgeben. Man führe Gespräche mit zahlreichen Telekomanbietern über Ubuntu Phone, darunter etwa so Branchenriesen wie die Deutsche Telekom oder Verizon Wireless.

Ablaufdatum

Endlos will Shuttleworth aber trotzdem nicht sein Geld in Ubuntu investieren. In diesem Zusammenhang deutet er auch an, dass man nicht jeden Geschäftsbereich endlos fortführen müsse. Stelle sich etwa heraus, dass gewisse Teile prinzipiell hoffnungslos sind, werde man das diesbezügliche Engagement einstellen, so der Ubuntu-Gründer. (apo, derStandard.at, 15.08.13)