Mogadischu/Wien - Nach ununterbrochener Tätigkeit seit 1991 hat die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (Medecins Sans Frontieres, MSF) am Mittwoch die Schließung all ihrer Programme in Somalia bekannt gegeben. Dies sei das Resultat wiederholter Angriffe auf Mitarbeiter "in einem Klima, in dem bewaffnete Gruppen und zivile Führer zunehmend unterstützen oder dulden, dass humanitäre Helfer entführt, angegriffen oder getötet werden", hieß es in einer Aussendung.

Mit der Entscheidung, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu töten, anzugreifen und zu entführen, haben diese bewaffneten Gruppen sowie die zivilen Behörden, die deren Vorgehen tolerieren, das Schicksal unzähliger Menschen in Somalia besiegelt", erklärte Unni Karunakara, Präsident von Ärzte ohne Grenzen International. Die Organisation beende ihre Programme in dem Krisenland, weil "unsere Möglichkeiten zu helfen in keinem Verhältnis mehr zu den Kompromissen und Risiken stehen, die unsere Mitarbeiter tragen mussten".

"Brutale Tötung" zweier Mitarbeiter

Zu den jüngsten Vorfällen zählen laut MSF die "brutale Tötung" zweier Mitarbeiter in Mogadischu im Dezember 2011 und die anschließende vorzeitige Freilassung der verurteilten Mörder sowie die gewaltsame Entführung von zwei Mitarbeitern aus einem Flüchtlingslager im kenianischen Dadaab. Die Entführung endete erst im vergangenen Monat nach 21-monatiger Geiselhaft im Süden von Somalia. Seit 1991 waren vierzehn weitere MSF-Mitarbeiter getötet worden, zudem erlebte die Organisation Dutzende von Angriffen auf Mitarbeiter, Krankenwagen und medizinische Einrichtungen.

Zuletzt beschäftigte MSF in Somalia rund 1.500 Menschen, die Hunderttausende Kranke und Verletzte versorgten. Im vergangenen Jahr haben die MSF-Teams über 624.000 ärztliche Behandlungen durchgeführt, 41.100 Patienten in Spitäler aufgenommen, 30.090 mangelernährte Kinder behandelt, 58.620 Menschen geimpft und 7.300 Geburten betreut.

Das knapp 10-Millionen-Einwohnerland hat nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg 2011 eine verheerende Dürre erlebt. Seit vergangenem September gibt es erstmals wieder eine legitime Regierung. Das Scheinparlament besteht jedoch nur aus Vertretern von Clan-Führern und Warlords. Die internationale Gemeinschaft setzt große Hoffnungen in den neuen Präsidenten und ehemaligen Universitätsprofessor Hassan Sheikh Mohamud. Jedoch verübt die radikalislamische Al-Shabaab-Miliz weiterhin Anschläge. Obwohl sie von der Armee und der Einsatztruppe der Afrikanischen Union AMISOM weitgehend aus Mogadischu vertrieben werden konnte, verübt die Organisation vor allem im Zentrum und im Süden weiterhin brutale Anschläge. (APA, 14.8.2013)