Bayreuth - Der aktuelle vom Menschen verursachte Klimawandel ist nur wegen der Schnelligkeit seines Ablaufs ein Sonderfall. Daneben wirken immer noch zahlreiche natürliche Prozesse, die das Klima ganzer Regionen langsam und langfristig verändern. Einen solchen Prozess glauben nun deutsche Wissenschafter herausgefunden zu haben, wie die Universität Bayreuth berichtet.

Kontinental liegt im Trend

Sedimentuntersuchungen zeigen, dass sich das Klima in Südosteuropa während der letzten 700.000 Jahre deutlich verändert hat. Der langfristige Trend ist in Richtung zunehmender Trockenheit und immer kälterer Winter gegangen. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forschungsprojekt, das von Geowissenschaftern der Uni unter der Leitung von Ludwig Zöller initiiert wurde. Die Wissenschafter vermuten, dass hinter der regionalen Klimaveränderung eine tektonische Ursache steckt: Nämlich die Hebung der Gebirgszüge der Alpen, der Karpaten, des Balkangebirges und der Dinariden, die das Mittlere und das Untere Donaubecken umrahmen.

Diese Beckenlandschaft bildet die westlichsten Ausläufer der eurasischen Steppe, die sich von China über Zentralasien bis auf den Balkan erstreckt. Das Klima in dieser Region hat einen deutlich kontinentalen Charakter. Verglichen mit Regionen, die vom Meer beeinflusst werden, sind im Jahresdurchschnitt die Niederschlagsmengen gering, die Verdunstung hoch und die Wintertemperaturen tief. Auf dem Balkan hat sich dieses kontinentale Klima allerdings erst vergleichsweise spät herausgebildet, es ist nur ein paar hunderttausend Jahre alt.

Bodenschichten als Klimaarchiv

Genauere Informationen über den Verlauf dieser Entwicklung stecken in plateauartigen Erdschichten, die sich im Mittleren und Unteren Donaubecken gebildet haben. Innerhalb der Schichten wechseln sich horizontale Lagen von Staubablagerungen (Löss) und horizontale Lagen von sogenannten "Paläoböden" übereinander ab. Letztere bildeten sich aus fruchtbareren Böden und stehen für vergleichsweise warme und feuchte Perioden, während Löss aus trockenen Phasen stammt. Diese Struktur spiegelt einen rapiden Wechsel von Kaltzeiten und Wärmeperioden wider, wie es für das Eiszeitalter der Erdneuzeit typisch ist.

"Wie ein Archiv ist darin die Klimaentwicklung seit mehr als 700.000 Jahren dokumentiert", sagt der Bayreuther Forscher Ulrich Hambach. Die Forscher haben die wechselnden Schichten mit verschiedenen Mess- und Analyseverfahren untersucht und dabei insbesondere die Partikelgröße der Staubsedimente bestimmt. Diese Untersuchungen ergeben ein eindeutiges Bild: In Südosteuropa fand in den letzten 700.000 Jahren eine Klimaentwicklung statt, die zu niedrigeren jährlichen Niederschlagsmengen, stärkerer Verdunstung in den Sommermonaten und kälteren Trockenperioden im Winter führte – also zu einer immer stärkeren Kontinentalität des Klimas. 

Suche nach der Ursache

Bei der Suche nach der Ursache dieses Trends haben Hambach und sein Kollege Björn Buggle typische Faktoren, die für erdgeschichtliche Klimaentwicklungen herangezogen werden, näher unter die Lupe genommen. Zu diesen Faktoren zählen insbesondere geringfügige Änderungen beim Umlauf der Erde um die Sonne, schwankende CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre, Verdunstungsprozesse auf den Ozeanen oder die Schwankungen der Eismengen an den Polkappen. Keiner dieser Faktoren hat die Forscher jedoch als Ursache für die klimatische Entwicklung in Südosteuropa überzeugt.

Als Erklärung schlagen die Forscher daher etwas anderes vor: Die Anfänge der heutigen mitteleuropäischen Gebirgszüge liegen zwar schon mehr als 20 Millionen Jahren zurück, doch in den letzten 700.000 Jahren haben sie sich noch um mehrere hundert Meter angehoben. "Die Annahme, dass die stetige Anhebung aller Gebirgsketten den zunehmend kontinentalen Charakter des Klimas auf dem Balkan verursacht hat, ist mit allen bisherigen Forschungsergebnissen sehr gut vereinbar", sagt Hambach. "Die wachsenden Gebirgsketten könnten die Zirkulationen von Luft und Feuchtigkeit im südosteuropäischen Raum schrittweise verändert haben. Es ist gut möglich, dass sie die beiden Donaubecken zunehmend gegen Regenwolken abgeschirmt haben, so dass sich die eurasische Steppenlandschaft immer weiter nach Westen ausgedehnt hat." (red, derStandard.at, 25. 8. 2013)