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Prinz Bandar bin Sultan: saudischer Einfluss in Ägypten und Syrien.

Foto: AP/Ammar

Riad/Kairo/Wien – An Ägypten scheiden sich die Geister der Verbündeten: Saudi-Arabien unterstützt die neue ägyptische Führung bedingungslos, während die USA von ihr einen Kompromiss mit den Muslimbrüdern verlangten – und abblitzten. Für König Abdullah von Saudi-Arabien war der Umsturz in Ägypten Anfang Juli eine Genugtuung. Er hielt nie etwas von der Revolution im Februar 2011 und verübelte den USA schwer, Hosni Mubarak so schnell fallen gelassen zu haben. Und nun kann Washington sehen, wohin ungebremste Demokratie in Ägypten führt: ins Chaos.

Saudi-Arabien – das bei den USA und den EU-Ländern für Ägypten Lobbying betreibt – hat nach zwei Jahren, in denen Katar mit seinem revolutionsfreudigen (außer wenn es um Bahrain geht) TV-Kanal Al Jazeera den Ton angab, in der arabischen Regionalpolitik wieder die Zügel in der Hand. Für die USA und die EU mag das sogar eine Beruhigung sein: Auch wenn Riad das ägyptische Narrativ, dass alle Muslimbrüder Terroristen seien, voll mitträgt, ist sein Einfluss, was die ägyptische Außenpolitik anbelangt, bestimmt pragmatisch. Saudi-Arabien hat kein Interesse daran, dass Ägypten sich von den USA völlig entfernt – oder gar den Friedensvertrag mit Israel kündigt, wie es die radikale Führung der ägyptischen Anti-Morsi-Bewegung "Tamarod" fordert.

General Abdelfattah al-Sisi ist in Riad, wo er einmal Verteidigungsattaché war, genauso gut bekannt wie in Washington. Dass er in den letzten Wochen viele Stunden am Telefon mit US-Verteidigungsminister Chuck Hagel verbrachte, ging durch die Presse. Sein häufiger saudi-arabischer Gesprächspartner Prinz Bandar bin Sultan hat jedoch offenbar mehr Einfluss auf ihn. Al-Sisi soll auch gute Beziehungen zu Prinz Muqrin bin Abdulaziz haben, einen der möglichen Nachfolger Abdullahs. Von seinen saudischen Partnern dürfte al-Sisi Zusicherungen erhalten haben, dass sie für eventuell ausfallende Finanzhilfen aus dem Westen einspringen.

Prinz Bandar, Sohn des 2011 verstorbenen Kronprinzen Sultan und langjähriger Botschafter Saudi-Arabiens in Washington, feierte fast zeitgleich mit dem Umsturz in Kairo sein einjähriges Berufsjubiläum als Chef des saudi-arabischen Geheimdienstes. Bandar gilt als Kopf der saudischen Syrien-Politik. Sein Stellvertreter und (viel jüngerer) Halbbruder, Salman bin Sultan wurde vor kurzem zum Vizeverteidigungsminister ernannt. Prinz Salman managt die Versorgung jener Rebellen in Syrien, die Saudi-Arabien unterstützt – nicht nur gegen das Assad-Regime, sondern auch, um den Jihadisten die Führungsrolle abzujagen.

In Syrien ist Saudi-Arabien bekanntlich für einen Wechsel – aber einen kontrollierten. Dazu gehört die Kontrolle über die Opposition: Der Fall der Muslimbrüder in Kairo schwächte die Muslimbrüder in der syrischen Opposition und ihre Unterstützer Türkei und Katar, sodass Saudi-Arabien nach langem Stillstand im Juli seinen Kandidaten Ahmed al-Jarba als neuen syrischen Oppositionschef durchbrachte. Er ist in Syrien besser verankert als seine Vorgänger.

Auf dem Weg über Jordanien – auf das die Saudis Druck ausübten – hat Riad seither den Rebellen im Süden Syriens bereits Raketen vom Typ Konkurs geliefert. Die Panzerabwehrlenkwaffen kamen Anfang August bei einem Rebellenangriff auf einen Armeestützpunkt in Deraa erstmals zum Einsatz. Damit soll die monatelange Erfolgsserie der Regimearmee beendet werden. (Gudrun Harrer /DER STANDARD, 20.8.2013)