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Viel Material, aber angesichts stark gefallener Preise immer weniger Ertrag schaufeln die großen Bergbaukonzerne. Die Branche muss hohe Abschreibungen auf Anlagen vornehmen. (Im Bild ein Schaufelradbagger von BHP zur Erzförderung.)

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London/Wien - Die Riesen wanken. Nach einem Jahrzehnt der großen Übernahmen und Fusionen im Rohstoff- und Minengeschäft müssen die neuen Branchengrößen ihre Bilanzen um die überbordenden Fantasien bereinigen. Am Dienstag kündigte der größte Rohstoffhandelskonzern GlencoreXstrata Abschreibungen über 7,7 Milliarden Dollar (5,7 Milliarden Euro) an. Bereits zuvor hatten die Goldminengesellschaft Newcrest, die Minengruppe Anglo American und die australisch-britische Rio Tinto Milliardenabschreibungen angekündigt.

Alleine dieses Jahr haben diese vier Unternehmen mehr als 31,8 Milliarden Dollar an Vermögenswerten in den Wind geschrieben. Laut Analysten könnte bis Jahresende insgesamt knapp das Doppelte, 60 Milliarden Dollar, an Abschreibungen nötig sein. Allein Rio Tinto hatte im Jänner angekündigt, Kohle- und Aluminiumprojekte in Mosambik und Kanada um 14 Milliarden Dollar wertzuberichtigen.

Nach der großen Sause

Dass die Minengesellschaften aktuell mit so viel Kehraus beschäftigt sind, liegt vor allem an der Bonanza in den Jahren zuvor. In den vergangenen zehn Jahren haben Minenunternehmen weltweit Übernahmen im Ausmaß von 974 Milliarden Dollar getätigt, zeigen Daten von Dealogic, die dem Standard vorliegen.

"Die Vorstände sind scheinbar in der Phase steigender Rohstoffpreise vom Weg abgekommen und haben Expansionspläne und Übernahmen vorangetrieben, statt sich um eine Balance zwischen Investitionen und Einnahmen zu kümmern", kritisiert etwa Portfoliomanagerin Olivia Ker von Blackrock, einem der größten Investoren in Minenunternehmen der Welt.

Anleger haben zuletzt verstärkt darauf gedrängt, dass die Minengesellschaften teure Expansionsprojekte aufschieben. Der weltgrößte Bergbaukonzern BHP Billiton kündigte am Dienstag an, dass er den Ausbau des Geschäfts mit Düngemitteln um fünf Jahre verschieben wird. Neben der für die Düngemittelherstellung verwendeten Pottasche macht den Rohstoffkonzernen der Rückgang bei Industriemetallen zu schaffen. Seit 2011 sind die Preise für den gesamten Industriemetallsektor um knapp ein Viertel gesunken. Bei einzelnen Rohstoffen war die Talfahrt noch deutlicher. So ist etwa Nickel nur noch ein Viertel von dem wert, was noch vor der Finanzkrise 2007 gezahlt wurde.

China reduziert Abhängigkeit

Noch schlimmer als die Entwicklung der Rohstoffpreise dürften die drastisch gestiegenen Kosten für die Ausbeutung wiegen. Denn laut einer Analyse der US-Ratingagentur S&P könnten die Investitionen auch 2013, wie schon im Vorjahr, über den Einnahmen liegen. S&P rechnet mit einer zunehmenden Verschlechterung der Ertragslage angesichts der schwächeren Rohstoffpreise.

Die Ertragseinbußen der Branche sind beträchtlich, allerdings verdienen die Big Player immer noch beachtlich. Laut einer Untersuchung der Beratungsgruppe PwC halbierte sich der Nettogewinn der 40 führenden Konzerne im Vorjahr auf 68 Milliarden Dollar. Darin enthalten waren bereits Wertberichtigungen im Volumen von 45 Milliarden Dollar.

Bei der weiteren Entwicklung im Rohstoffbusiness wird viel von der Nachfrage Chinas abhängen, das laut Schätzungen des Währungsfonds bereits 40 Prozent aller Mineralstoffe verarbeitet. Doch nicht nur die sich abkühlende Konjunktur wirkt sich negativ auf die Exporte der westlichen Multis aus, sondern zunehmend die steigende nationale Förderung im Reich der Mitte. Bei Kohle und Gold hat China bereits Rang eins unter den Produzenten inne, bei Eisenerz Platz drei. Während sich die gesamte Wirtschaftsleitung des Landes seit 2005 verdoppelt hat, haben sich die Mineninvestitionen in diesem Zeitraum versiebenfacht, schreibt PwC. Chinas Eigenerzeugung soll bereits bei 29 Prozent des Weltmarktes liegen.

Gebeutelt wird derzeit auch die Aluminiumindustrie: Der von Oligarch Oleg Deripaska kontrollierte Konzern Rusal will die Produktion um 8,5 Prozent zurückfahren, nachdem er im zweiten Quartal in die roten Zahlen gerutscht ist. (Andreas Schnauder/Lukas Sustala, DER STANDARD, 21.8.2013)