Arbeitszeit ist in Österreich im Wesentlichen so geregelt, als ob es hier nur Arbeiter gäbe, die beim morgendlichen Ertönen der Fabrikssirene die Arbeit aufnehmen und beim nächsten Sirenenton in die wohlverdiente Freizeit gehen. Arbeitseinteilungen müssen lange im Vorhinein getroffen werden, Überstunden sind teuer - aber bei vielen Arbeitnehmern nicht gar so unbeliebt, weil sie einen fix eingeplanten Einkommensbestandteil liefern.
Den Unternehmern gefällt das gar nicht.
Sie hätten gerne mehr Arbeit um weniger Geld. Oder sie würden zumindest gerne dann mehr arbeiten lassen, wenn mehr Arbeit anfällt - ohne lästige Beschränkungen von Lage und Dauer der täglichen Arbeitszeit; und das womöglich ohne Zuschläge. Die ÖVP hat dafür ein gewisses Verständnis, nicht nur im Wirtschaftsflügel: Auch die Arbeitnehmerorganisation ÖAAB setzt sich seit Jahrzehnten für die Beseitigung von Arbeitszeitregeln ein, die dem Berufsalltag, in dem schon jetzt unbezahlte Überstunden geleistet und Ruhezeiten ignoriert werden, widersprechen.
Da hätte man lieber Regeln, die ausnahmsweise auch sehr lange Arbeitstage zulassen - aber natürlich nicht umsonst. Zeit ist Geld, wie ja auch der in der ÖVP übliche Begriff "Zeitwertkonto" nahelegt. Wer länger arbeitet, müsste noch viel größere Gutschriften bekommen. Aber das schmeckt den Unternehmern natürlich viel weniger. Weshalb solche Vorschläge wohl kaum verwirklicht werden. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 21.8.2013)