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 Mitunter riskieren Flüchtlinge auf engstem Raum ihr Leben, um ins Land ihrer Wahl zu kommen.

Foto: APA/SID-NIEDEROESTERREICH

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Übersicht zur Schlepperkriminalität in Österreich.

Grafik: APA

Wien - Rund 400 Euro kostet ein One-Way-Flug mit der niederländischen Fluglinie KLM von Islamabad nach Wien. Für den Traum von einer besseren Zukunft sind viele aber bereit, für die Strecke viel, viel mehr zu zahlen: bis zu 15.000 Euro. Geld, das Schlepperorganisationen bekommen, dafür mitunter aber auch ein umfangreiches Service bieten.

235 Schlepper wurden im Vorjahr in Österreich festgenommen, berichtete Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Freitag bei der Präsentation des "Schlepperberichtes" in Wien, 12.426 illegal ins Land gelotste Menschen wurden aufgegriffen. Im Vergleich zu 2011 bedeutet das einen Anstieg von 26 Prozent bei der Zahl der Geschleppten.

Zwischen 5000 und 15.000 Euro

Zwischen 5000 und 15.000 Euro bekommen die Schlepperorganisationen laut Erkenntnissen pro Schleusung der Polizei gezahlt. Wie diese Diskrepanz zum Preis eines normalen Flugtickets zu erklären ist? Zwei Möglichkeiten gibt es dafür, sagt Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt. "Wenn die Organisationen etwas wittern, machen sie Geschäfte", erklärt er. Soll heißen, sie erklären ihren potenziellen Kunden, dass es keine andere Möglichkeit gebe, nach Europa zu kommen und daher die teure, gefährliche Reise über mehrere Etappen nötig sei.

Die Kosten können sich auch auf andere Weise erhöhen: "Es kann sein, dass ausgemacht ist, dass ein Chauffeur jemanden von Budapest nach Wien bringt. Nach fünf Kilometern will der dann plötzlich nochmals extra Geld", schildert Tatzgern. Und schließlich kämen schlichte Betrüger dazu. "Wir hatten vor längerer Zeit beispielsweise den Fall, dass jemand von einem Flüchtling für den kurzen Weg vom Bahnhof Traiskirchen zur Erstaufnahmestelle Geld kassiert hat."

Solide illegale Leistungen

Andererseits können die Kosten aber auch hoch sein, weil dafür solide illegale Leistungen geliefert werden. "Das können beispielsweise ver- oder gefälschte Ausweise sein. Wir wissen, dass Flüchtlinge aus Algerien oder Marokko belgische oder französische Dokumente bekommen, um sich bis in den Schengenraum bewegen zu können. Dort müssen sie diese dann wieder abgeben." Das Angebot kann aber noch weiter gehen, bis hin zur Beschaffung einer Wohnmöglichkeit. Denn nicht alle wollen Asyl, sondern hier einfach im Untergrund arbeiten und Geld verdienen.

Auch die Gefahr für die "Kunden" ist unterschiedlich. Gibt es doch nicht nur die spektakulären Fälle, wo Menschen auf engstem Raum in Kraftfahrzeugen versteckt werden und bei ihrer Flucht sogar sterben. "In manchen Ländern ist es auch üblich, dass der vereinbarte Preis erst ausbezahlt wird, wenn das Zielland erreicht ist. Dann wird im Herkunftsland angerufen, ein Codewort genannt und das Geld an die kriminelle Gruppe ausbezahlt."

Lose Netzwerke

Von diesen gibt es genug. Alleine in Griechenland seien 100 bis 200 aktiv, schätzt die Exekutive. Einen einzelnen großen Paten gibt es dabei nicht, es handelt sich eher um lose Netzwerke, die sich bei Bedarf auch aushelfen. Auch unter den in Österreich festgenommenen Schleppern zeigt sich die Bandbreite: 27 Personen stammen aus Ungarn, 23 aus Serbien und 21 aus der Türkei.

Die Top-3-Herkunftsländer der Geschleppten waren 2012 Afghanistan, Russland und Pakistan. Auch bei den Routen zeigt sich eine klare Tendenz: Der überwiegende Teil der Aufgegriffenen kam über die ungarische oder italienische Grenze ins Land.

Europaweite Polizeiarbeit

Bei der Polizeiarbeit spielt Österreich eine tragende Rolle: Gemeinsam mit Ungarn und unter der Koordinierung von Europol wurde im Vorjahr die Datenbank Fimathu gegründet. Mittlerweile sind Polizeibehörden aus elf EU-Staaten beteiligt, die ihre Informationen teilen. Mit Erfolg: Im heurigen Jänner gab es einen EU-weiten "Action Day", einen koordinierten Einsatz, bei dem 100 Personen, davon drei in Österreich, festgenommen wurden. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 24./25.8.2013)