Auf den letzten Metern straucheln Veränderungsprojekte gern. Alles ist umgesetzt, die Hürden genommen, das Neue integriert. Oft ist die Energie draußen, und es fehlt nur mehr der Schluss. Gerade der Schlusspunkt ist aber ganz relevant für zukünftiges Lernen in einer Organisation: Die Sicherheit, ein Projekt vom Start bis ins Ziel gebracht zu haben, zeigt deren Leistungsfähigkeit.
Ein abgeschlossenes Projekt braucht Würdigung und Dank für gemeinsam geleistete Anstrengungen zum Beispiel bei einer Feier oder einer Zusammenkunft aller Beteiligten. Es fördert das Unternehmensklima ungemein und stärkt den Zusammenhalt über Hierarchiegrenzen hinweg, wenn ein gemeinsam erreichtes Ziel gefeiert wird.
Changeprojekte, die zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Kräfte bündeln müssen, planen das strategisch - ähnlich wie das Militär. Von hier entstammt der Ausdruck "D-Day". Das D steht für Decision (Entscheidung) ebenso wie für Delivery (Abgabe) oder auch für Deliverance (Erlösung). Der D-Day ist der Stichtag, an dem eine Veränderung passiert. Im Deutschen wird dieser Stichtag auch unter dem Begriff Tag X geführt.
In der Praxis zeigt sich, dass sichtbare Umstellungen - etwa die Umstellung einer Marke oder eines Firmennamen bzw. ein erlebbarer Wandel wie die IT-Umstellung des Kundensystems - den D-Day am ehesten nützen können. Sobald ein fixes Datum feststeht, werden alle Ziele und Maßnahmen auf das Erreichen dieses Zeitpunkts getrimmt. Dieser Zeitpunkt verbindet Teams und Mitarbeiter aus ganz unterschiedlichen Bereichen, weil sie ein gemeinsames Ziel vor Augen haben. Er setzt damit auch ungeheure Kräfte frei. Dementsprechend macht es Sinn, in der kommunikativen Planung die Spannung davor aufzubauen. Ein Countdown-Zähler und Berichte, wie in den einzelnen Teams an der Zielerreichung gearbeitet wird, begleiten das Mitfiebern.
Es gibt Wandelvorhaben, die dauern. Und dauern. Und dauern. Nicht, weil die Beteiligten zu ineffizient wären, sondern weil die Komplexität hoch, die Zahl der Betroffenen groß und die Vorbereitungen umfangreich sind. Oder weil der Wandel bewusst langsam in die Organisation diffundieren soll. Oder weil der Change an verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und rechtlichen Voraussetzungen spielt. Oder weil der Wandel abhängig von politischen Entscheidungen ist, auf die die Organisation wenig Einfluss hat.
Wenn Wandelvorhaben sehr lange dauern - also den Zeithorizont von zwei Jahren überschreiten - oder parallel zum laufenden Business geschehen, muss das Change-Kommunikationsmanagement nachdenken: Wie halten wir die Energie im Change? Wie sichern wir die Beteiligung? Denn Changevorhaben verlieren mit zunehmender Dauer an Brisanz und laufen im Worst Case einfach still und leise aus.
Um den Wandel in den Köpfen und Herzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten, ist mehr als eine regelmäßige Berichterstattung darüber notwendig. Es braucht überschaubare Pakete, die in den Wandel einzahlen. Pakete, die ihrerseits wieder einen Abschluss finden und damit den Gesamtchange einem Schritt näher zum Ziel bringen. Ende der Serie. (Gerhild Deutinger, DER STANDARD, 24./25.8.2013)