Bild nicht mehr verfügbar.
Ende Juni – wenige Tage vor dem Sturz von Mohammed Morsi – demonstrierten diese ägyptischen Taucher gegen den Präsidenten. Die Unruhen sind Ursache dafür, dass die Touristen jetzt in Sharm el-Sheikh ausbleiben.
Das Ausbleiben der Touristen wegen der blutigen Unruhen und der damit verbundenen Reisewarnung kostet jetzt viele den Job.
"Könnte ich es mir leisten, würde ich bis Jahresende bleiben", sagt Layla auf der fast menschenleeren Flaniermeile an der Corniche in Sharm el-Sheikh. Die Reiseleiterin aus Kairo ist am Tag nach der blutigen Auflösung der Pro-Morsi-Camps gleich ans Rote Meer verreist. Die Flugzeuge aus Kairo nach Sharm el-Sheikh sind ausgebucht. Es sind ägyptische Familien, die der Gewalt entfliehen wollen. "Ein Tapetenwechsel. Und vielleicht beruhigt sich die Lage ja dann in einigen Tagen auch wieder", hofft ihre Freundin.
"Westliche Touristen machen bei mir höchstens noch zehn Prozent aus", bestätigt Islam, der einen Strand gepachtet hat. Deshalb ist auch die Auslastung von Hotel zu Hotel ganz unterschiedlich. In einigen Häusern herrscht gähnende Leere. Der Concierge des Helnan Marina freut sich hingegen über eine Auslastung von 80 Prozent: Ägypter, Araber und einige Russen. In einigen Tagen wird sich das aber ändern. Anfang September enden die Ferien. Dann ist der Exodus auch dieser Gäste unausweichlich.
Besonders trist sind die Abendstunden – auch laute Musik sorgt nicht für Stimmung. Dort, wo sich sonst die Gäste um freie Sessel reißen, wird jetzt um jeden Gast geworben. Kellner vertreiben sich die Zeit mit ihren Smartphones.
"Niemand kommt hier rein", beschreibt Karim die Situation in seinem Geschäft für Tauchsport. Seit der Revolution 2011 sei der Trend negativ, unterbrochen nur von kurzen besseren Phasen. Die Hotels hätten ihre Preise drastisch gesenkt, mit der Folge, dass sich auch die "Qualität der Touristen" verschlechtert habe. Karim hat bis jetzt aber noch keinen Angestellten entlassen: "Ich trage für sie die Verantwortung. Sie haben Familien, die sie ernähren müssen."
Besonders flau ist die Nachfrage nach Exkursionen ins Hinterland oder aufs Meer hinaus. Auch die Informationen darüber, was überhaupt noch möglich ist – etwa ein Besuch des St.-Katharina-Klosters – bleiben widersprüchlich.
"Stadt des Friedens" hatte der 2011 gestürzte Präsident Hosni Mubarak Sharm el-Sheikh einst getauft, weil sie Schauplatz vieler internationaler Konferenzen war. Jetzt bleiben auch die Konferenzzentren leer. Auf den Straßen sind keine politischen Parolen zu finden. "Ohne Fernsehen hätte man weder die Revolution noch die Ereignisse um den Sturz Morsis mitbekommen", sagt Karim.
Sharm el-Sheikh ist eine künstliche Welt – nicht mit einer normalen ägyptischen Stadt zu vergleichen. "Junge Ägypter kommen her, um Geld zu verdienen und vielleicht eine Ausländerin zu finden, die sie heiraten können. Alles andere blenden sie aus", sagt Islam. Wie Montasser, der Student aus Minya, der sich Geld für sein Studium verdient. Und Mohammed, der seit vier Jahren in einem Supermarkt arbeitet. "Der Tourismus stirbt langsam", stellt er fest.
Die Polizei hat die Sicherheitsvorkehrungen in Sharm el-Sheikh in den vergangenen drei Jahren konsequent verschärft. Seit dem Ausbruch der jüngsten, blutigen Ereignisse sind die Kontrollen noch rigoroser geworden. Aber die beste Garantie für die Sicherheit der Stadt seien die Menschen selbst, weil ihr finanzielles Auskommen von der Stabilität hier abhänge, betont Reiseleiterin Layla.
Nach den Reisewarnungen einiger Regierungen – auch für das Rote Meer – haben mehrere ausländische Tourismusunternehmen ihre Flüge nach Sharm el-Sheikh reduziert oder ganz eingestellt. Den Ägyptern ist klar, dass sie nicht viel dagegen tun können. Sie klammern sich daran, dass es immer wieder Einbrüche gab und die Touristen doch immer wieder kamen.
Die Wintersonne so nah bei Europa ist ein unschlagbares Verkaufsargument. "Ich werde überleben, hier kann man das ganze Jahr über am Strand schlafen", sagt Karim trotzig. Von den wenigen Fliegern, die noch an der Sinai-Südspitze landen, bringen einige dann doch wieder neue Gäste – aber der Strom ist spärlich. (Astrid Frefel aus Sharm el-Sheikh /DER STANDARD, 24.8.2013)