Auf Tuchfühlung mit der Spitze: Benjamin Sulimani liegt mit Viking Stavanger derzeit auf Platz vier in Norwegens erster Liga.

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Bei den heimischen Schiris hat der 24-Jährige seinen Weg in eine Schublade gefunden.

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Das Viking-Stadion kann sich sehen lassen, es bietet 16.300 Zusehern Platz.

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Wenn der kundige Bundesliga-Fan an Benjamin Sulimani denkt, erinnert er sich mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit an das Finish der letzten Meisterschaft. Der April war noch immer schauderhaft, Wr. Neustadt bat in der 30. Runde die Admira zum Kellerduell, und die Dinge nahmen ihren Lauf. Benjamin Sulimani spuckte bei der 0:3-Niederlage dem Neustädter Verteidiger Christian Ramsebner ins Genick, der Schiedsrichter hatte es nicht gesehen. Sulimani wurde nachträglich gesperrt, Dietmar Kühbauer outete sich als Gegner des Videobeweises ("Wollt ihr Fußball oder nur eure Aufdeckerstorys? Das ist jedes Mal eine Nick-Knatterton-Partie"), kanzelte seinen damaligen Stürmer aber ordentlich ab.

"Das darf einem Profi nicht passieren, aber ich stehe zu dieser Aktion. Es hat sich viel aufgeschaukelt. Ich habe lange nicht gespielt, wir waren unter Druck, der Gegner hat zwei oder drei Sachen gesagt. Die Sperre hatte ich verdient", sagt Benjamin Sulimani heute.

Fehlerlos

Der 24-Jährige hat sich verändert, vor allem räumlich, wechselte im Sommer zu Viking Stavanger in die höchste norwegische Tippeligaen und ließ die Kritiker hinter sich. "Welcher Spieler hat noch nie einen Fehler gemacht? Zidane hat Materazzi im WM-Finale einen Headbutt gegeben. Das war gerade mal zwei Wochen danach ein Thema. Über mich wird man noch in 150 Jahren lesen, dass ich einen Gegner angespuckt habe. Bei mir wird immer alles an die große Glocke gehängt. Didi Kühbauer ist es ja auch ähnlich gegangen."

In Skandinavien ist der Oberösterreicher mit albanischen Wurzeln für Spuckattacken gänzlich unbekannt, gefällt dafür mit Leistung. Für Viking hat er in fünf Spielen bereits vier Tore geschossen, Ziel des Vereins ist Platz drei und damit die Europa-League-Qualifikation. Gegen Brann Bergen wurden kürzlich fast 14.000 Leute gezählt, im Schnitt kommen zwischen neun- und zehntausend ins Viking-Stadion. "Nicht übel", findet Sulimani, der in der Südstadt selten vor mehr als dreitausend Fans kickte. "Die Leute hier leben schon Fußball."

Norwegen gegen Österreich

Dabei wollte Sulimani ursprünglich gar nicht nach Norwegen wechseln, sondern sich in Österreich oder der zweiten oder dritten deutschen Liga durchsetzen. Sein Berater Jürgen Werner sekkierte ihn aber, und letztendlich kam der Transfer doch zustande. "Im Nachhinein bin ich froh, wie es gelaufen ist. Der Verein hat mich super aufgenommen."

Vorab erkundigt hat sich Sulimani über den norwegischen Fußball nicht wirklich, dabei hat er sich sogar die Nummer von Roman Kienast besorgt. Der Millionen-Torschütze der Austria hat drei Jahre bei Ham-Kam gekickt, allein ein Gespräch ist sich nicht ausgegangen. Sulimani fühlt sich wohl in Stavanger, und das liegt auch an seinem Teamkollegen Veton Berisha, Bruder des Salzburger Bullen Valon. Der Berisha-Familienstammbaum reicht ebenfalls bis nach Albanien. Wenn der Trainer Übungen auf Norwegisch erklärt, dann übersetzt Veton. Über den österreichischen Fußball unterhalten sich Berisha und Sulimani natürlich auch, im Vergleich zur Bundesliga ist die Tippeligaen "kampfbetonter, es wird mehr mit Körper gespielt. Gegen Salzburg, Austria oder Rapid würden wir uns sehr schwer tun. Aber mit dem Rest der Liga könnte Stavanger mithalten. Salzburg spielt einen anderen Fußball als Admira oder der WAC."

Fußballinfiziert

Bei der Admira weiß Sulimani, wovon er spricht. Nach drei Jahren als Stürmer, in denen er die Mödlinger auch als Torschützenkönig in der Ersten Liga zum Aufstieg schoss, wurde sein Vertrag nach dem knappen Klassenerhalt nicht verlängert. "Abgesehen von den letzten sechs Monaten war es eine tolle Zeit bei der Admira, ich drücke ihr weiter die Daumen."

Benjamin hält derzeit übrigens die Fahnen des Sulimani-Fußballclans hoch, ist der einzige Erstligaprofi. Der älteste Bruder Emin ist nach einer langen Verletzungsserie seit mehr als einem Jahr ohne Verein. Der 22-jährige Harun werkt bei Blau-Weiß Linz in der Regionalliga. Die größten Hoffnungen ruhen aber auf dem Jüngsten, der 14-jährige Florim ist der einzige Linksfuß in der Familie und spielt bei Hertha Wels, wo auch Vater Neschad als Trainer und Mutter Klaudia als Jugendleiterin fungieren.

In Norwegen endet die Saison übrigens schon Mitte November, die Zukunft ist noch ungewiss. Sulimani: "Ich würde gerne bleiben. Mal schauen, ob der Verein ähnlich begeistert ist. Wenn nicht, dann war es eine schöne Zeit." (Florian Vetter, derStandard.at, 3.9.2013)