Heidelberg - Mit einem Schmelzpunkt von minus 38,83 Grad tanzt Quecksilber nicht nur bei den Metallen aus der Reihe. Außer Brom gibt es kein weiteres Element, das unter sogenannten "Normalbedingungen" - also einer Temperatur von null Grad Celsius und einem Druck von einer Atmosphäre - flüssig ist.

Ein internationales Forscherteam ist nun mit Hilfe von Simulationen und numerischen Verfahren der Frage nachgegangen, warum Quecksilber bei normalen Umgebungstemperaturen stets in flüssiger Form auftritt. Dabei konnten die Forscher nachweisen, dass der niedrige Schmelzpunkt auf der besonderen Elektronenstruktur von Quecksilber beruht, wie die Universität Heidelberg berichtet. Um diese zu erklären, muss man die spezielle Relativitätstheorie bemühen.

Neue Rechnerkapazität macht's möglich

Mit dieser Theorie beschrieb Einstein die Eigenschaften von sehr schnell bewegter Materie, die im Quecksilberatom in Form von 82 Elektronen auftritt. Der Heidelberger Physiker Michael Wormit hat mit seinen Kollegen die atomare Struktur von Quecksilber, bestehend aus dem Atomkern und den dazugehörigen Elektronen, am Rechner modelliert. Dabei wurde die Wechselwirkung der Quecksilberatome bei unterschiedlichem Druck und bei verschiedenen Temperaturen mit Hilfe von Computersimulationen untersucht.

Dass die Besonderheiten von Quecksilber ihre Ursache in Effekten der speziellen Relativitätstheorie haben, wird in der Forschung seit längerem vermutet, konnte aber bislang nicht quantitativ nachgewiesen werden, weil es an der dafür notwendigen Rechnerkapazität fehlte. "Mit unserem Forschungsansatz, der sich erstmals mit den entsprechenden Rechnerkapazitäten realisieren ließ, konnten wir zeigen, dass die relativistischen Effekte für die Simulation von Quecksilbermaterialien von entscheidender Bedeutung sind. Ohne diese Effekte läge der Schmelzpunkt von kristallinem, sprich festem Quecksilber um 105 Grad Celsius höher und es wäre bei Raumtemperatur nicht flüssig, sondern fest", sagt Wormit. (red, derStandard.at, 1.9. 2013)