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"Im Rechnungstext wurden von mir Scheinleistungen formuliert, vermutlich um Geld an die ÖVP fließen zu lassen, und ich wusste damals davon. Auch im Jahr 2005 werde ich schon derart Scheinrechnungen bezahlt haben", zitiert "News" Peter Hochegger.
Die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ sollen von der Telekom Austria und anderen Firmen mehrere hunderttausend Euro über Scheinrechnungen kassiert haben. Das berichtet das Magazin "News" in seiner aktuellen Ausgabe.
Das Magazin beruft sich auf ein Gutachten, das im Rahmen eines der Telekom-Ermittlungsverfahren in Auftrag gegeben worden war. Darin werden Geldflüsse an die ÖVP von mehr als 400.000 Euro erwähnt - Zahlungen an Vorfeldorganisationen nicht eingeschlossen. An die SPÖ sollen ebenfalls größere Summen überwiesen worden sein.
Wie der Lobbyist Peter Hochegger bereits im BZÖ-Telekom-Prozess ausgesagt hat, flossen Gelder seiner Agentur Valora an die Agentur Mediaselect. Von dort wiederum ging das Geld angeblich an einen eigens eingerichteten "ÖVP-Topf". Laut dem Bericht flossen so über Scheinrechnungen in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt 190.000 Euro.
Geld auch von Raiffeisen
Wie "News" berichtet, sollen Gelder nicht nur von der Telekom, sondern auch von den Österreichischen Lotterien (73.000 Euro) und der Raiffeisenbank Oberösterreich (50.000 Euro) transferiert worden sein. Hochegger habe gegenüber der Staatsanwaltschaft von diesen Geldflüssen gesprochen: "Im Rechnungstext wurden von mir Scheinleistungen formuliert, vermutlich um Geld an die ÖVP fließen zu lassen, und ich wusste damals davon. Auch im Jahr 2005 werde ich schon derart Scheinrechnungen bezahlt haben", zitiert das Magazin.
JVP-Wahlkampf finanziert
Wie bereits durch den Korruptions-Untersuchungsausschuss bekannt wurde, hat die Valora im Jahr 2008 via White House den Jugendwahlkampf der Jungen ÖVP finanziert. Das bestätigte die Miteigentümerin der Agentur im Vorjahr. Sie habe aber nicht gewusst, dass dafür Telekom-Gelder verwendet wurden. Im Prozess sagte Hochegger aus, dass die Mediaselect für Konzepte im Bereich der Überzeugungsarbeit bei der Auftragsvergabe des Bundes bezahlt wurde.
"Eingekaufte Gunst zugunsten der Telekom"
Aus dem Sachverständigengutachten geht hervor, dass auch Geld in Richtung SPÖ geflossen ist. So soll der frühere Telekom-Sprecher der SPÖ, Kurt Gartlehner, bis 2009 127.200 Euro erhalten haben. Der Gutachter schreibt dazu von "eingekaufter Gunst zugunsten der Telekom". Auch die Firma von Gartlehners Söhnen bekam demnach Geld, das ursprünglich von der Telekom stammte. Zitat aus dem Gutachten: "Auszuschließen ist (...), dass die Valora AG auch Zahlungen geleistet hätte, wenn hier nicht ein Lobbying-Kontakt, wie dies der Telekomsprecher der SPÖ im Nationalrat darstellt, unterstützt worden wäre."
Gartlehner: "Keine Scheinrechnungen"
Gartlehner wies das am Donnerstag zurück. Er räumte zwar ein, dass er zweieinhalb Jahre für die Valora tätig gewesen sei - aber nicht im Telekom-Bereich. Außerdem habe er "keine Scheinrechnungen, sondern nur welche für tatsächliche Leistungen" gestellt. Und besonders wichtig sei ihm, dass die SPÖ "davon keinen Schilling gesehen hat".
Der Echo-Verlag, der der SPÖ nahesteht, bekam insgesamt 72.000 Euro. Laut Aussage Hocheggers handelte es sich bei 24.000 Euro davon um "eine Parteispende für den Nationalratswahlkampf der SPÖ". Der Sachverständige sagt, die damit offiziell bezahlte Leistung sei "nicht nachvollziehbar". Schon 2004 und 2005 flossen ebenfalls je 24.000 Euro als Pauschale. Der Gutachter geht davon aus, "dass es sich hier um Scheinrechnungen handelt". Der Echo-Verlag hat am Donnerstag in einer Aussendung Vorwürfe illegaler Parteienfinanzierung entschieden zurückgewiesen.
ÖVP: Bekannte Vorwürfe
ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch sprach in einer Stellungnahme von einem "Sammelsurium altbekannter Vorwürfe". Er versicherte aber, dass die ÖVP an der Aufarbeitung der Vergangenheit interessiert sei und gegebenenfalls zu Unrecht geflossenes Geld zurückzahlen würde. Dass kurz vor der Nationalratswahl versucht werde, diese alten Vorwürfe hochzuspielen, nähre für ihn den Verdacht der Inszenierung. Rauch betonte, dass die jetzige ÖVP eine saubere Partei sei. Er könne nach derzeitigem Wissensstand ausschließen, dass Gelder an ein Konto geflossen seien, über das die ÖVP verfügungsberechtigt war.
SPÖ: "Kein Cent an Partei"
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hat am Donnerstag betont, dass in Sachen Telekom kein Cent und kein Euro an seine Partei geflossen sei. Auf der einen Seite gehe es um Vorwürfe der systematischen Parteienfinanzierung, Geldwäsche und Schwarzgeldkonten im Zusammenhang mit der ÖVP, auf der anderen Seite handle es sich um die Geschäftsbeziehungen der Privatfirma eines (bald, Anm.) ehemaligen Abgeordneten sowie eines Medienunternehmens mit Peter Hocheggers Valora AG, schrieb der Bundesgeschäftsführer in einer Aussendung.
Die Vorsitzende des letzten U-Ausschusses, Gabriela Moser sieht indes durch das von "News" an die Öffentlichkeit gebrachte Gutachten zu den Geldflüssen unter anderem von der Telekom an Parteien geklärt, "warum der Untersuchungsausschuss im Herbst 2012 abgedreht werden musste". Weitere Akten über die Hausdurchsuchung von Valora und MediaSelect vom April 2012 und damit weitere Zahlungen in den ÖVP-Topf sollten im Herbst 2012 geheim bleiben. Nun müssten die damals Verantwortlichen wie etwa Reinhold Lopatka und Hannes Rauch endlich alles auf den Tisch legen. Genauso brauche es Konsequenzen in der SPÖ für die Zahlungen an den Echo-Verlag. Die Telekom und die anderen "Spender" müssten die Zahlungen zurückerhalten, verlangte Moser in einer Aussendung.
Ermittlungen wegen Abgabenhinterziehung
Die Staatsanwaltschaft Wien hat ihre Telekom-Folge-Ermittlungen gegen die Agenturen White House, Mediaselect sowie Echo noch nicht abgeschlossen. Man warte auf den Bericht der Finanzbehörde, erklärte Sprecherin Nina Bussek. Denn formal ermittelt wird derzeit nicht wegen möglicher illegaler Parteienfinanzierung, sondern wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung - etwa über Scheinrechnungen.
Politologe Sickinger: ÖVP-Erklärung "wenig aussagekräftig"
Die Verantwortung der ÖVP, wonach die Partei nicht zeichnungsberechtigt gewesen sei für das Konto, auf das die umstrittenen Gelder geflossen sind, bezeichnet Politikwissenschafter Hubert Sickinger im derStandard.at-Gespräch als "wenig aussagekräftig". Grundsätzlich sei es denkbar, auch auf anderem Weg an die finanziellen Mittel der Telekom zu kommen, ein direkter Zugriff auf das Konto sei dafür nicht erforderlich.
Während ein großer Teil der News-Enthüllungen schon vor Monaten kolportiert worden war, seien bestimmte Details sehr wohl neu, sagt Sickinger: So werde erstmals die Agentur Mediaselect, über welche die Zahlungen abgewickelt worden seien, als zentrale Schnittstelle benannt.
"Beifang der Ermittlungen"
Auch, dass neben der Telekom Austria außerdem Raiffeisen und die Lotterien gezahlt haben sollen, sei neu. "Für die Ermittler waren diese beiden Unternehmen sozusagen der Beifang des Telekom-Verfahrens", meint Sickinger. Für bemerkenswert hält der Politikwissenschafter die Höhe der Geldbeträge, die in einem überschaubaren Zeitraum allein von der Telekom geflossen sein sollen. "Sollten die Vorwürfe stimmen, dann erklärt das, warum man die Parteienförderung relativ stark erhöht hat, nachdem solche Spenden deklarationspflichtig geworden sind", meint Sickinger. (APA, sterk, derStandard.at, 29.8.2013)