Wien - Die Europäische Zentralbank (EZB) will bis 2019 die Zahl der Frauen in Führungspositionen verdoppeln. Im mittleren Management sollen dann mindestens 35 Prozent Frauen sein (derzeit 17 Prozent), im oberen Management immerhin 28 Prozent (derzeit 14 Prozent).

Ganz oben sitzen derzeit freilich nur Männer. Im EZB-Direktorium arbeitet Präsident Mario Draghi mit seinen Kollegen Vítor Constâncio, Jörg Asmussen, Benoît Coeuré, Yves Mersch und Peter Praet. Seit ihrer Gründung, 1998, haben es erst zwei Frauen ganz nach oben geschafft. Eine von ihnen die Österreicherin Gertrude Tumpel-Gugerell. Sie war von 2003 bis 2011 Mitglied des Direktoriums, derzeit sitzt sie unter anderem im Aufsichtsrat der Vienna Insurance Group und in jenem der deutschen Commerzbank.

Alle zwei Wochen treffen sich die sechs Männer des EZB-Direktoriums mit 17 anderen Männern. Gemeinsam bilden sie den EZB-Rat und entscheiden etwa über die Höhe der Leitzinsen, den Ankauf von Staatsanleihen und analysieren die Situation in den Euroländern.

Jedes Land der Eurozone entsendet den Präsidenten ihrer nationalen Notenbank in den EZB-Rat. Aus Österreich nimmt an diesen Sitzungen der Chef der Notenbank (OeNB), Ewald Nowotny, teil. Bei der OeNB ist, so wird betont, bereits jede dritte Schlüsselposition mit einer Frau besetzt.

50 Prozent Frauen

Ab 1. Jänner 2014 fällt die OeNB unter das Bundesgleichbehandlungsgesetz, dann gilt ein Richtwert von 50 Prozent für Frauen in Führungspositionen. Bindend ist dieser allerdings nicht. Alle zwei Jahre muss die Nationalbank dann einen Bericht vorlegen, was für die Förderung von Frauen getan wurde. Bei der OeNB sieht man das gelassen: Erst am Mittwoch sei wieder eine Frau zur Hauptabteilungsleiterin bestellt worden.

Auf die wichtigste Entscheidungsebene der EZB - Direktorium und EZB-Rat - wird die Frauenquote aber keinen Einfluss haben. Das Direktorium wird von der europäischen Politik bestellt, der EZB-Rat besteht aus den Notenbank-Präsidenten der Mitgliedsländer. In Österreich entscheidet der Ministerrat über die Bestellung des Notenbank-Chefs.

Bei der Frauenquote in der EZB geht es also nicht um die Jobs im Rampenlicht, sondern die Führungsebenen darunter. Der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen sagte in der Süddeutschen Zeitung, er sei zuversichtlich, dass es in der EZB "ausreichend sehr gut qualifizierte Frauen gibt". Hilfreich könnte sein, dass in den nächsten Monaten und Jahren viele neue Jobs zu besetzen sind. Die EZB ist in Zukunft nämlich für die europäische Bankenaufsicht zuständig.

In Österreich drängt vor allem Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) seit Jahren auf eine Frauenquote in der Privatwirtschaft. Die ÖVP und die Unternehmen sträuben sich aber. Laut einem Arbeiterkammer-Bericht aus dem März sitzen in den Vorständen der 200 größten österreichischen Unternehmen 35 Frauen. Die Zahl ihrer männlichen Kollegen: 585.  (Andreas Sator, DER STANDARD, 30.8.2013)