Wien - Nach Angaben der Wiener Ärztekammer wurde Ärzten von einer Softwarefirma ohne deren Wissen eine Schnittstelle zur automatischen Weiterleitung von Daten installiert. In einem Schreiben des Softwaredienstleisters Innomed heißt es, dass in der Software "grundsätzlich eine Schnittstelle zur pseudonymisierten Patientendatenlieferung an das Marktforschungsunternehmen IMS Health" existiert. Das Schreiben, das derStandard.at vorliegt, wurde am Donnerstag an jene Ärzte versandt, die Innomed verwenden. 

"Es werden keine Daten weitergeleitet"

Innomed versichert darin, dass die Schnittstelle zu IMS Health standardgemäß nicht lizenziert und daher deaktiviert ist. "Es werden von unserer Unternehmensgruppe aus Ihrem System keine Daten - in welche Form auch immer - weitergeleitet." Der Wiener Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres traut dieser Versicherung aber nicht, da es darin auch heißt: "Auch wenn es Sie nicht betrifft, da Sie nach unseren Unterlagen keine Daten an IMS liefern, möchten wir Ihnen an dieser Stelle einige Hintergrundinformationen geben." "Es stellt sich die Frage, was die relativierende Formulierung 'nach unseren Unterlagen' zu bedeuten hat", sagt Szekeres. Entweder könne Innomed zur Gänze ausschließen, dass Patientendaten aus der Ordination gelangt seien, oder nicht.

Innomed: War Ärzten bekannt

Für Szekeres hat Innomed mit dem Schreiben bestätigt, dass ohne das Wissen der Ärzte die technischen Voraussetzungen für die Weitergabe von Patientendaten geschaffen wurden. Das bestreitet der Geschäftsführer von Innomed, Gerhard Stimac, in einer Stellungnahme für derStandard.at: "Die Freischaltung von Modulen und Schnittstellen erfolgt ausschließlich nach Beauftragung des einzelnen Arztes mittels Lizenzschlüssel. Diese Vorgangsweise ist den Ärzten bekannt. Auch wenn eine Datenschnittstelle freigeschaltet ist, kann die Datenausspielung nur vom Arzt selbst vorgenommen werden." Zudem sei die Schnitttelle mit IMS nur bei 15 Ärzten aktiviert gewesen.

Laut Angaben der Ärztekammer Wien verwenden 30 Prozent der Ärzte in Wien Software von Innomed. Innomed ist eine Tochter der Compugroup. Diese spielt eine Schlüsselrolle bei der Programmierung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA). Daher müsse man auch die bei ELGA beteiligten Firmen "gewissenhaft prüfen und hinsichtlich des Datenschutzes gründlich aussuchen", so Szekeres. Der Bitte um eine Stellungnahme ist Innomed bisher noch nicht nachgekommen.

350 Ärzte verkauften Daten

Vor einigen Tagen war bekannt geworden, dass in Österreich 350 Ärzte Patientendaten an IMS Health verkauft haben. Laut einem öffentlich gewordenen Vertrag verpflichtet sich der Arzt für 432 Euro brutto im Jahr, die Daten seiner Patienten monatlich und für mindestens ein Jahr zu liefern. Ob der Weiterverkauf von Patientendaten illegal ist, ist noch nicht geklärt. Derzeit prüft die Korruptionsstaatsanwaltschaft dies in einem Ermittlungsverfahren. (lai, derStandard.at, 29.8.2013)