Die österreichischen Fußballklubs erleben nach der Trauersaison 2012/13 derzeit wieder einen kleinen Höhenflug. Zeit einen Blick auf die Auswirkungen und das noch verbleibende Potential im UEFA-Teamranking zu werfen.

Während die oft zitierte Länder-Fünfjahreswertung der UEFA bestimmt, wie viele Klubs ein Land in die Europapokale entsenden darf (Österreich ist drauf und dran, den fünften Startplatz in dieser Saison wieder zu erobern), ist die Klub-Wertung wichtig für die Auslosung innerhalb dieser Bewerbe. Sie entscheidet, welche Teams in einer Runde gesetzt sind oder aus welchem Lostopf sie in der Gruppenphase gezogen werden. Kurz: Bessere Wertung, schlechtere Gegner. Zur Setzung wird natürlich immer der Endwert des Vorjahres herangezogen.

Die Teamwertung setzt sich aus den erreichten Punkten dieses Vereins der vergangenen fünf Saisonen zusammen. Dazu kommt ein Länderbonus, der das Niveau der europäischen Leistungen eines Landes darstellt. Der Länderbonus erstreckt sich ebenfalls über fünf Jahre. Es werden die Koeffizenten eines Landes addiert und dann gefünftelt. Kein österreichischer Klub kann nach aktuellem Stand unter den Wert von 5,145 Punkte zurückfallen. Das entspricht Platz 251 im Teamranking.

Ungleiche Punkte-Vermögensverteilung

Das Konto des UEFA-Koeffizient für die Fünfjahreswertung unterscheidet die Habenichtse von den Mächtigen im Fußball. Und wie jedes gute Kontovermögen ist auch dieses sehr ungleich verteilt. Die Top 20 Teams der 426 in der letztjährigen Wertung geführten Mannschaften vereinen fast ein Drittel (29 Prozent) der Punkte auf sich. Das oberste Prozent besitzt rund 10 Prozent des Kuchens.

 

 

Salzburg als bester Österreichischer Klub hat nur etwa ein Fünftel der Punkte von Leader Barcelona gesammelt (18 Prozent). Die Katalanen besitzen außerdem die 411-fache Punktzahl wie die drei punkteärmsten Teilnehmer aus San Marino. Europäischer Fußball ist allerdings eine waschechte Leistungsgesellschaft: Wenn Barcelona sich fünf Jahre auf die faule Haut legt, geht das Vermögen komplett den Bach runter.

Allerdings: Eine Art Erbschaftsreichtum gibt es sehr wohl. Unter den Mindestkoeffizienten des Landes kann niemand fallen. Die Auswirkungen sind teilweise skurril. Derzeit kann ein spanischer Klub (auch wenn er noch nie international gespielt hat) nicht hinter Rang 104 zurückfallen. Damit lag jedes spanische (und englische) Team mit Ende 2012/13 vor der Austria und dazu jedes deutsche Team vor Rapid. Obwohl Eintracht Frankfurt seit Jahren nicht mehr international vertreten war, war es im Playoff vor Rapid gesetzt, während die Hütteldorfer um ihre Setzung recht lange zitterten. Statt Dila Gori hätte sonst auch ein Duell mit Tottenham drohen können.

Sturm als Top-4-Klub-außer-Dienst muss sich übrigens auch noch hinter europäische No-Names aus Portugal, Frankreich und Italien anstellen.

 

 

Wie stehen nun also die Chancen der österreichischen Klubs, in verschiedenen Phasen der Champions und Europa League gesetzt zu sein? Darüber gibt die nächste Grafik Aufschluss. Der schwarze Teil des Balkens ist der Status Quo. Der Balken würde sich komplett schwarz färben, wenn die Vereine selbst noch alle in dieser Saison möglichen Spiele gewinnen (also bis inklusive des Finales) und zusätzlich auch alle anderen österreichischen Vereine das Optimum herausholen.

 

Zur Grafik: Der schwarze Teile des Balkens ist der aktuelle Koeffizient der Vereine. Der graue Teil füllt sich mit jedem erspielten Punkt. Die weißen Flächen betreffen den Länderkoeffizienten und sein potentielles Wachstum in dieser Saison. Die eingezeichneten Grenzwerte für die unterschiedlichen Turnierphasen sind aus der laufenden Saison.

 

Zwei makellose Europapokaltitel für Österreich und ein rein österreichisches EL-Finale sind freilich nicht ganz auszuschließen - aber doch. Nichts desto trotz profitieren von jedem Punkt der drei verbleibenden Vereine also nicht nur diese drei, sondern auch Mannschaften wie Sturm, Ried und die Admira, die entweder bereits ausgeschieden sind, oder diesmal gar nicht im Europapokal dabei waren.

Die Champions League ist derzeit nicht Österreichs Kragenweite

Es ist kein Zufall, dass die Austria der erste Klub Österreichs seit acht Jahren war, der die Gruppenphase erreichte. Vom Ranking her haben die heimischen Vertreter dort momentan wenig verloren. Die Austria ist mit Abstand das am Schlechtesten bewertete Team der diesjährigen Champions League-Gruppenphase und auch Österreich-Spitzenreiter Salzburg stünde nur unwesentlich besser da.

Das wird sich auch nicht so schnell ändern. Plakativ gesagt: Würde die Austria heuer makellos bis ins Champions-League-Finale aufsteigen, würde sie nächste Saison höchstwahrscheinlich immer noch aus Topf 4 gezogen (der Titelverteidiger wird automatisch in Topf 1 gereiht). Selbst im Optimalfall könnte heuer nur Salzburg aus eigener Kraft einen Wert erreichen, der  für eine Setzung in Topf 3 der Champions League reichen könnte. Und von da weg bis zu Topf 1 ist der Weg ungefähr noch einmal so weit. Man sieht: Ohne vier bis fünf herausragende Saisonen kommt man dort nicht hin.

Die Europa League schon eher

Einzelne herausragende Saisonen sind aus heimischer Perspektive also für die höchste Spielklasse Europas gar nicht so viel wert. Über Jahre hinweg sind beständig gute Leistungen gefragt, um aufzusteigen. Der aktuelle Fokus muss also auf einer Aufstockung des Punktekontos in der wesentlich schwächeren Europa League liegen, wo Salzburg und die Austria in der Gruppenphase bereits in Topf 2 liegen und Rapid und Sturm immerhin auch den Komfort von Topf 3 genießen können.

Für Salzburg scheint Topf 1 heuer in Reichweite. Gerade für den langfristig wohl stärksten Klub Österreichs, kann sich der verpasste Meistertitel und das damit verbundene "Abrutschen" aus der für Nichtmeister schwierigeren CL-Quali in die Europa League als versteckter Segen für die Punktejagd erwiesen. Die Chance in der Europa League zu punkten ist wesentlich größer - denn wie erwähnt wäre Salzburg in der Königsklasse ein kleiner Fisch, im kleineren Bewerb aber einer aus der oberen Gewichtsklasse.

Auch Rapid sollte in Regionen vorrücken können, die dem Klub im Playoff künftig das Zittern um eine Setzung ersparen wird. Auch eine realistische Chance lässt sich erspielen, in Topf 2 der Auslosung zur EL-Gruppenphase aufzurücken.

Die Austria wird sich in der Champions League hingegen wohl mit einem Geldregen trösten müssen. Sich jetzt noch bessere Chancen für zukünftige Saisonen zu erarbeiten, scheint unwahrscheinlich. (Tom Schaffer/flog, derStandard.at, 30.8.2013)