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Zusätzliche Investitionen, die Teil von EU-Programmen sind wie beispielsweise Verkehrs- und Energieprojekte, sollen begünstigt werden, sagt EU-Währungskommissar Olli Rehn.

oto: APA / Luiza-Lucia Puiu

Alpbach - Gerade der Rezession entkommen stehen die Signale in der Eurozone nun auf Ankurbelung des noch mageren Wachstums. In der Frage der Lockerung der Sparauflagen erhöht die EU-Kommission ihr Tempo. Bereits im Frühjahr wurde mehreren Ländern, darunter Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande mehr Zeit zur Erreichung der Defizitvorgaben eingeräumt.

Jetzt folgt der nächste Schritt, der den konjunkturpolitischen Handlungsspielraum der Euroländer steigern soll: Sie können künftig eine höhere Neuverschuldung eingehen, wenn die zusätzlichen Ausgaben sinnvolle Investitionen in Infrastruktur oder Forschung darstellen. Der für Wirtschaft und Währung zuständige EU-Kommissar Olli Rehn erläuterte bei den Wirtschaftsgesprächen im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach, dass er einige Einschränkungen in die Lockerung des Stabilitätspakts eingebaut habe, deren Inhalt den Finanzministern schriftlich mitgeteilt wurde. So gilt die Ausnahme nicht für Länder, die sich wegen einer zu hohen Neuverschuldung in einem Defizitverfahren befinden. Somit muss Österreich noch warten, bis die Haushaltlücke unter drei Prozent geschrumpft sein wird, was für heuer vorgesehen ist.

Mehr Investitionen

Weiters werden nur zusätzliche Investitionen begünstigt, die Teil von EU-Programmen sind, wie beispielsweise Verkehrs- und Energieprojekte oder Maßnahmen, die über die europäischen Strukturfonds mitfinanziert werden. Ein weiterer wichtiger Punkt: Die langfristigen Haushaltsziele, zu denen sich die Mitgliedsstaaten verpflichtet haben, müssen weiterhin eingehalten werden.

Damit dürfte Rehn Deutschland entgegengekommen sein, das einer Aufweichung des Stabilitätspaktes äußerst skeptisch gegenübersteht. Rehn betonte in Alpbach, dass die Staaten die neuen Erleichterungen für strukturelle Reformen nutzen müssten. Ohne Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit drohe Europa zum Museum zu verkommen, das sich Besucher aus China oder den USA ansehen werden. Es gebe länderweise freilich sehr spezifische Herausforderungen: Während in Frankreich Reformen des Pensionssystems und des Arbeitsmarkts im Zentrum stünden, sei in Deutschland eine Steigerung der Binnennachfrage Priorität.

Signale der Entspannung

Der Finne stellte klar, dass die Krise trotz des leichten Wachstums der Währungsunion im zweiten Quartal nicht vorbei sei. Er sprach von einem sehr gedämpften Aufschwung und verwies auf negative Entwicklungen, die von der Abkühlung der Konjunktur in den Schwellenländern auf Europa durchschlagen könnten. Fragen zu einem weiteren Hilfspaket für Griechenland, das der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ins Spiel gebracht hat, wich er aus.

Signale der Entspannung ortet auch Notenbankchef Ewald Nowotny. Die Geldmärkte kämen zusehends in Schwung, Österreichs Banken seien überhaupt nicht mehr auf Refinanzierungen durch die Zentralbank angewiesen.

Einen Schlagabtausch lieferte sich Nowotny mit dem deutschen Ökonomen Manfred Neumann, der der EZB vorwarf, die europäische Verfassung mit der Finanzierung angeschlagenen Staaten zu "verbiegen". Zudem habe die Zentralbank die Geldmärkte mit ihren Geldspritzen außer Funktion gesetzt. Neumann zog eine Parallele zu den 1920er-Jahren, als Deutschland unter Hyperinflation litt. Nowotny konterte, die damalige Situation sei u. a. im Kontext des Ersten Weltkriegs zu sehen und mit der aktuellen Lage nicht vergleichbar. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 30.8.2013)