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Eine Kroatin protestiert beim Dom in Zagreb gegen die katholische Kirche.

Foto: reuters/Bronic

"Die Eltern haben kein Recht, die Kinder in Unwissenheit zu halten", sagte der kämpferische kroatische Bildungsminister Zeljko Jovanovic bei der Vorstellung des überarbeiteten Unterrichtsplans zum Gesundheits- und Sexualkundeunterricht diese Woche. Jovanovic hatte es sich bereits im Vorjahr mit der katholischen Kirche und konservativen Elterninitiativen verscherzt, die Anstoß daran nahmen, dass die Kinder, die nun erstmals überhaupt Sexualkundeunterricht bekommen, lernen sollen, dass "Homosexualität etwas Normales" und Masturbation ein "integraler Bestandteil menschlicher Sexualität" ist.

Im Mai dieses Jahres hatte das Verfassungsgericht einen ersten Lehrplan für den Gesundheitsunterricht gekippt, jedoch nicht wegen des Inhalts, sondern weil dieser nicht ausreichend debattiert worden sei. Zuvor hatten konservativ-katholische Kreise heftig dagegen opponiert. Sie schlugen etwa vor, dass Eltern zwischen einem "liberalen" und einem "konservativen" Sexualkundeunterricht wählen können sollen, und sie drohten damit, ihre Kinder andernfalls nicht in die Schule zu schicken.

Mit Ärzten reden

Der überarbeitete Unterrichtsplan sieht nun vor, dass die Schulärzte mit den Kindern über Masturbation sprechen sollen und dass bei jüngeren Schülern der Begriff "Pornografie" nicht verwendet wird. Zudem sollen "natürliche Verhütungsmethoden" und Enthaltsamkeit thematisiert werden. Jovanovic sieht keine großen Veränderungen im neuen Plan. Er will durch die Gesundheitserziehung, die Anzahl der ungewollten Schwangerschaften bei Jugendlichen um 20 Prozent reduzieren, die Suizidprävention verbessern und verhindern, dass Jugendliche zu rauchen beginnen oder Alkoholiker werden.

Nicht nur der Sexualkundeunterricht ist im konservativen Kroatien ein heftig umstrittenes Thema, auch die Einführung "zweisprachiger" amtlicher Bezeichnungen, sowohl in lateinischer als auch in kyrillischer Schrift, wird emotional diskutiert. Die erste Ortschaft, die nun kyrillische Ortstafeln eingeführt hat, ist Udbina in der Lika, einem Gebiet im Westen Kroatiens. Auf Transparenten mit der Aufschrift "Kroatisches Udbina" wurde protestiert, doch sonst blieb es ruhig.

Vukovar noch ohne Tafeln In Vukovar haben hingegen Gegner der kyrillischen Ortstafeln angekündigt, diese abzumontieren, wenn sie eingeführt würden. Der dortige Bürgermeister Zeljko Sabo will sie trotzdem durchsetzen, er steht aber derzeit unter Korruptionsverdacht. Die kyrillische Schrift muss laut Verfassung dort angebracht werden, wo mehr als ein Drittel der Bevölkerung der serbischen Volksgruppe angehört. Vukovar wurde 1991 von der Jugoslawischen Volksarmee und serbischen Verbänden zerstört. (Adelheid Wölfl aus Zagreb/DER STANDARD, 30.8.2013)