Kelly Reichardts "Night Moves".

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Reichardt präsentiert ihren neuen Film mit den Hauptdarstellern Dakota Fanning und Jesse Eisenberg in Venedig.

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Es wird Herbst, "indian summer" im Süden von Oregon. Der Wald steht in warmen, bunten Farben. Drei junge Leute brechen zu einem Ausflug auf. Sie haben eigens ein kleines Boot gekauft, nun sind sie unterwegs zu einem Stausee in den Bergen. Die gewachsene Landschaft, die Erhaltung der Umwelt liegt ihnen am Herzen. Deshalb ist ihr Boot mit Sprengstoff (aus chemischem Düngemittel) gefüllt, der Damm muss weg.

Kelly Reichardt hat sich nach ihrem Neowestern Meek's Cutoff wieder der unmittelbaren Gegenwart zugewandt: Night Moves ist der Name des Bootes und der Titel des Films. Er beschäftigt sich mit der "Komplexität von Radikalismus" (Reichardt) und wählt dafür zunächst einen materialistischen Zugang. Die erste Hälfte des Films gehört der Vorbereitung des Anschlags, die zweite widmet sich dann dem Nachbeben der Sprengung in den Leben zweier Aktivisten (verkörpert von Jesse Eisenberg und Dakota Fanning). Eine eigenartig kühle, aber nachhaltig wirksame Studie.

Der Winter kommt. Es wird kalt und kälter. Der Eigenbrötler Lester Ballard verliert in den 1960er-Jahren in Tennessee sein Elternhaus und findet in einer verlassenen Holzhütte im Wald eine notdürftige Bleibe. Er lebt von kleinen Diebereien, weitgehend unbehelligt. Bis er eines Tages an einem Waldweg ein Auto mit noch laufendem Motor findet, in dem ein totes Liebespaar liegt.

James Franco, derzeit hardest-working man des Showbiz zwischen Hollywood und Kunstwelt, hat Cormac McCarthys Roman Child of God für die Leinwand adaptiert. Es ist seine vierte Regiearbeit seit 2011. Im Gegensatz zu anderen Projekten wirkt dieses hier fast klassisch. Ein am Tonfall der Vorlage, den Schauplätzen und dem Protagonisten orientiertes Stück Americana. Manchmal etwas zu forciert, aber in jedem Fall eindringlich, verkörpert Francos häufiger Partner Scott Haze das Kind Gottes Lester als heiligen Narr und fürchterlichen Todesengel.

Draußen vor dem Kino scheint die Sommersonne. (Isabella Reicher, derStandard.at, 31.8.2013)