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Matthias Strolz will mit den Neos genauso ins Parlament ...

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... wie Christopher Clay mit den Piraten ...

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... und Mirko Messner mit der KPÖ.

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Gerade bei Parteien, deren Einzug in den Nationalrat als nicht gesichert gilt, spielen die veröffentlichten Umfrageergebnisse eine große Rolle. Wie ich in meinem zweiten Blogeintrag angesprochen habe, möchten viele Wähler ihre Stimme nicht "verlieren" und geben sie aus strategischen Gründen ihrer zweitliebsten Partei, die ihrer Meinung nach bestimmt im Parlament vertreten sein wird.

Ihre Meinung zu den Einzugswahrscheinlichkeiten bilden sich Wählerinnen und Wähler aber hauptsächlich aufgrund der Umfragen, die sie lesen. Wenn Medien und Institute die kleinen Parteien also kontinuierlich einfach ignorieren oder unter dem Label "sonstige Parteien" zusammenfassen, entsteht der Eindruck, diese hätten nicht die geringste Chance auf einen Einzug ins Parlament. Die Art und Weise, wie man eine Umfrage präsentiert, kann über Leben und Tod der kleinen Parteien entscheiden.

Oft wird das Argument vorgeschoben, dass es nicht möglich sei, kleine Parteien einzeln auszuweisen – die erhobenen Ergebnisse seien statistisch nicht robust. Das ist nicht wirklich überzeugend, denn wären Meinungsforscher und Medien wirklich an der statistischen Mustergültigkeit ihrer veröffentlichten Resultate interessiert, dann wären Schlagzeilen wie diese nicht vorstellbar. Statt die Kleinparteien buchstäblich totzuschweigen, könnte zumindest ein Konfidenzintervall* publiziert werden.

So weit wir uns zurückerinnern können, ist keine der "sonstigen Parteien" je in den Nationalrat eingezogen. Gibt das den Instituten nicht recht? Nein. Es handelt sich hier um einen klassischen Fall von Self-fullfilling Prophecy: Die Vorhersage ("Keine der 'sonstigen Parteien' hat eine Chance auf den Einzug in den Nationalrat") erfüllt sich, weil sie gemacht wurde und die Wähler sich von chancenlosen Parteien abwenden. Meinungsforscher werden zu Meinungsmachern und überschreiten damit ihre Kompetenzen.

Was das für diesen Blog bedeutet

Unser Rohmaterial sind die veröffentlichten Ergebnisse der Wahlumfragen. Seit Anfang Mai erschienen 38 bundesweite Wahlumfragen, davon enthielten 13 die Neos, 20 die Piraten und 13 die KPÖ. Wir würden uns wünschen, dass sich das bis zur Wahl ändert.

Was bedeutet es, wenn in einer veröffentlichten Umfrage eine kleine Partei nicht aufscheint? Dass sich in der Stichprobe niemand als ihr Wähler deklariert hat? Dass die Leser der Zeitung gewohnt sind, eine begrenzte Anzahl an bekannten Parteien in den Umfragen zu sehen?

Wir wissen es nicht. Aus diesem Grund unterlassen wir es, mit den wenigen Informationen, die uns zur Verfügung stehen, einen Mittelwert für die drei kleinen Parteien zu berechnen.** Um sie jedoch nicht weiter zu benachteiligen, nehmen wir sie in unsere Tabelle der politischen Stimmung auf und schreiben ehrlich: Wir wissen nicht, wie es um die Neos, die Piraten und die KPÖ steht.

Das bedeutet nicht, die drei Parteien hätten keine Chance auf den Einzug in den Nationalrat. Über den entscheiden nämlich einzig und allein die Wähler – und das hoffentlich gestützt auf Inhalte und nicht auf Zahlen. (Laurent Millischer, derStandard.at, 2.9.2013)

* Jenes Intervall, von dem man mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit annehmen kann, es enthalte das Wahlergebnis.

** Im Forum kam der Vorschlag auf, den Mittelwert, versehen mit einer großen Schwankungsbreite, trotzdem zu veröffentlichen. Diese Schwankungsbreite wäre jedoch sehr groß und würde nur mehr eines bedeuten: Wir wissen nicht, wie es um die drei kleinen Parteien steht.