Seit 2011 erneuerte der Immobilieninvestor IFA die abgebrannten Überreste des ehemaligen Veranstaltungshauses und erweiterte sie um moderne Anbauten. Neben 68 Wohnungen entstanden eine Galerie, ein Hotel, ein Fitnessstudio und ein Gastronomiebetrieb. Die offizielle Eröffnung folgt im November.

In der Marxergasse im heutigen dritten Wiener Gemeindebezirk ließ der aus Böhmen eingewanderte Tuchscherer Franz Morawetz 1838 ein Dampfbad russischen Typs errichten. Zu den ersten Gästen zählte eine Zofe Erzherzogin Sophies, der Mutter des zukünftigen Kaisers Franz Joseph. Wohl deshalb nannte Morawetz sein Haus Sophienbad.

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1845 war das beliebte Heilbad bereits zu klein geworden. Obwohl schon fast erblindet, zog Morawetz den Umbau unbeirrt durch und konnte dafür sogar die späteren Staatsoper-Architekten Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg gewinnen. Ab 1850 wurde die um weitere Säle aufgestockte "Sophie" auch als Veranstaltungszentrum genutzt. Strauss-Walzer und Schnitzler-Stücke wurden hier ebenso uraufgeführt wie 1913 der erste in Wien zu sehende "sprechende Film". 1926 hielt die österreichische NSDAP hier ihren Gründungsparteitag ab.

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Den Krieg, den die Nationalsozialisten angezettelt hatten, überstanden die Sofiensäle unbeschadet. Ein Feuer, das am 16. August 2001 im Dachstuhl entfacht worden war, aber nicht. Außer der Fassade und den seitlichen Grundmauern des Hauptsaals brannte das gesamte Gebäude ab.

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Seit 2001 gab es mehrfach Besitzerwechsel und ein Hickhack um Restaurierung und Nachnutzung. Der Denkmalschutz, unter dem die Ruine nach wie vor stand, machte das Vorhaben nicht einfacher. 2011 nahm sich der Immobilieninvestor IFA, eine Tochter der Soravia Gruppe, der in Mitleidenschaft gezogenen Mauern an. Am Montag präsentierte der Bauherr kurz vor dem Ende der Bauarbeiten das Konzept.

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Oliver Schreiber vom Bundesdenkmalamt, IFA-Geschäftsführer Erwin Soravia und der Landstraßer Bezirksvorsteher Erich Hohenberger (von links) bei der Pressekonferenz. Die gegenseitigen Lobeshymnen wurden nur kurz unterbrochen, als Soravia den Zuschuss der Stadt mit ähnlichen Projekten in den Bundesländern verglich.

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20 bis 25 Prozent öffentliche Unterstützung seien dort die Regel, für die Revitalisierung der Sofiensäle steuerte die Gemeinde Wien jedoch nur zwei der etwa 50 Millionen Euro Investitionsvolumen aus dem Kulturtopf bei, konnte sich Soravia einen Seitenhieb nicht verkneifen. Laufende Unterstützung seitens der Stadt wird es nicht geben.

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Der größte Teil der Summe wurde in den Neubau von 68 Mietwohnungen rund um die übrig gebliebene Substanz gesteckt. 50 der Einheiten sind geförderte Sozialwohnungen von Single- bis Kleinfamilienformat. Sie sollen die Mieter nicht mehr als sieben Euro pro Quadratmeter und Monat kosten.

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Bei den frei finanzierten und meist größer geschnittenen Wohnungen in den höheren Stockwerken muss man den doppelten Mietpreis kalkulieren.

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Noch im September werden die ersten Bewohner einziehen, die letzten im Oktober. Die künftigen Mieter dieser Wohnung werden später sagen können: Bezirksvorsteher Hohenberger stand in unserem Schlafzimmer und fand es ein wenig klein.

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Im Erdgeschoß werden derzeit noch Arbeiter bezahlt, um auf der Baustelle schwere Gewichte zu stemmen. Ab März 2014 werden Fitnessbegeisterte bezahlen, um in einer Filiale des Studios John Harris schwere Gewichte zu stemmen.

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In einer der höheren Etagen entsteht ein Hotel der deutschen Kette Ruby mit 55 Zimmern im Lean-Luxury-Segment: "Gutes Design und hochwertige Zimmerausstattung in zentraler Lage zu bezahlbaren Preisen", heißt es in der Presseaussendung.

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Ein Restaurant samt Bar soll die gastronomischen Bedürfnisse der Mieter und der Anrainer der Gegend abdecken. Dort im Innenhof, dem eigentlichen Festsaal der "Sofie", lagert derzeit noch Baumaterial und Werkzeug.

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Auf 700 Quadratmetern wird hier mit einer Galerie das zentrale Element der Immobilie eingerichtet und der Urzustand des Festsaals möglichst originalgetreu wiederhergestellt. Weniger repräsentativ wird die Tiefgarage darunter sein. Sie bietet Platz für 128 Fahrzeuge.

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Damit die Besucher durch das gläserne Dach einen Blickfang finden, werden an den hofseitigen Stuckaturen rund 70.000 Stückchen Blattgold angebracht.

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Anders als bei den Ornamenten der 175 Jahre alten Grundsubstanz dominiert bei den Anbauten der betonierte rechte Winkel.

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Bezirksvorsteher Hohenberger ist zufrieden mit der Revitalisierung: "Neben Wien-Mitte war die Ruine der zweite Schandfleck des Bezirks. Aber anders als Wien-Mitte hat es keine 24 Jahre bis zur Fertigstellung gebraucht."

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Bis man die endgültige Fertigstellung auch von außen sieht, werden noch ein paar Wochen vergehen. Die historische Fassade bleibt bis dahin noch eingerüstet. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 2.9.2013)


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Luftbild (Zustand vor der Revitalisierung)

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