Amsterdam/Innsbruck – Der Blutspiegel des Biomarkers Copeptin liefert nach einem Herzinfarkt wichtige Hinweise auf  Infarktgröße und den weiteren Krankheitsverlauf. Das zeigt eine Studie einer Innsbrucker Forschergruppe der Universitätsklinik Innsbruck, die auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Amsterdam präsentiert wurde.

Herzinfarkt-Patienten haben trotz aller Behandlungsfortschritte ein deutlich erhöhtes Risiko, weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität zu erleiden, oder daran zu versterben. "Nach der erfolgreichen Erstversorgung ist daher eine möglichst rasche Risikoeinstufung der Patienten für die Intensität der weiteren Therapie und Überwachung von entscheidender Bedeutung", sagte Studien-Erstautor Sebastian Reinstadler. 

Hoher Spiegel, schlechtere Herzfunktion

Für die aktuelle Studie wurden 54 Patienten mit einem akuten Herzinfarkt untersucht. Es zeigte sich, dass die Copeptinspiegel, zwei Tage nach einem akuten Herzinfarkt gemessen, umso höher sind, je größer die Herzinfarktnarbe ist. "Zudem konnten wir nachweisen, dass Patienten mit erhöhten Copeptinwerten sowohl unmittelbar nach dem Herzinfarkt als auch vier Monate danach eine signifikant schlechtere Herzfunktion hatten", sagt Reinstadler.

Nach einem akuten Herzinfarkt kommt es in vielen Fällen zu chronischen Umbauvorgängen am Herzen, die mit einer höheren Sterblichkeit verbunden sind. Patienten mit hohen Copeptinspiegeln, so zeigt die Studie, entwickelten während der Beobachtungsphase von vier Monaten deutlich häufiger solche Umbauvorgänge. „Interessanterweise erbrachte die Kombination von Copeptin-Werten und dem BNP-Spiegel, einem bekannten Biomarker für die Risikoeinstufung nach akutem Herzinfarkt, einen zusätzlichen Nutzen, um Patienten mit chronischen Umbauvorgängen zu identifizieren," sagt Reinstadler.

Vereinfachte Risikoeinschätzung

Diese Ergebnisse sind von Bedeutung, weil sie die Risikoeinschätzung nach einem Herzinfarkt vereinfachen könnten. Entscheidende Parameter, die auf ein erhöhtes Erkrankungs- und Mortalitätsrisiko nach einem Herzinfarkt hinweisen, sind unter anderem Herzinfarktgröße und Herzfunktion. Mittels einer MRT des Herzens ist es heute möglich, diese Parameter mit hoher Genauigkeit und ohne Belastung für Patienten zu bestimmen. „Allerdings ist diese Untersuchungsmethode derzeit nur an speziellen Zentren verfügbar und mit hohen Kosten verbunden", so Reinstadler. „Biomarker können relativ einfach mittels einer einmaligen Blutentnahme bestimmt werden, die Messung kann prinzipiell in allen Krankenhäusern mit einem relativ geringen Kostenaufwand erfolgen."

Trotz der viel versprechenden Ergebnisse steht die Copeptin-Testung allerdings noch nicht unmittelbar vor einem flächendeckenden Einsatz. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Bestimmung von Copeptin in den klinischen Alltag einzuführen. Einige wichtige Fragen wie der optimale Zeitpunkt der Bestimmung oder mögliche geschlechtsspezifische Unterschiede müssen noch im Detail geklärt werden. "Es wird also noch mehrere Jahre dauern, bis sich ein möglicher praktischer Nutzen ergibt. (red, derStandard.at, 2.9.2013)