20 Prozent der Schulen mit Buffetbetrieb bieten eine gesunde Alternative zu Leberkässemmel und Co. "Das ist in keinster Weise zufriedenstellend", meint Ernährungsexpertin Rosemarie Zehetgruber.

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Laut dem Österreichischen Ernährungsbericht aus dem Jahr 2012 sind knapp ein Viertel der 7- bis 14-jährigen Schulkinder übergewichtig oder adipös. Hauptverantwortlich für diese Entwicklung sind nach Meinung von Experten vor allem ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel. Was so viel heißt wie: "zu süß, zu fett, zu fleischlastig und zu wenig Sport" - nicht nur in der Freizeit, sondern auch in der Schule.

Was das Angebot an den heimischen Schulbuffets betrifft, zeichnen mehrere Untersuchungen und Tests ein ähnliches Bild: Die Produktpalette ist zwar umfangreich, aber wenig ausgewogen und ungesund. So hat eine repräsentative Erhebung des Vereins "Sipcan - Initiative für ein gesundes Leben" im Jahr 2011 ergeben, dass 92 Prozent der Wiener Schulen ab der fünften Schulstufe keine gesundheitsfördernde Pausenverpflegung anbieten.

Nicht besser dürfte die Situation in anderen Bundesländern sein. Anfang 2012 testete die Arbeiterkammer Steiermark insgesamt 17 Schulbuffets. Das Ergebnis: Kein Betreiber erfüllte sämtliche Mindestkriterien für ein gesundes Ernährungsangebot; es dominerten vielmehr Weißmehlprodukte sowie Extrawurst, und in fast der Hälfte der Schulen wurde kein Obst angeboten. Bei Süßigkeiten und Knabbereien gab es hingegen die größte Vielfalt und Auswahl.

20 Prozent versus 80 Prozent

Anfang 2012 startete Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) die Initiative "Unser Schulbuffet", die mit einer Leitlinie die Mindeststandards für die Pausenverpflegung und somit die Ernährungsgewohnheiten der Schülerinnen und Schüler verbessern will. Die darin enthaltenen Empfehlungen überraschen wenig: Als gesundheitsförderndes Angebot gelten beispielsweise ein moderater Zuckergehalt von weniger als 7,5 Gramm pro 100 Milliliter in Getränken, die Reduktion von Weißbrot, weniger Süßigkeiten und Fleischprodukte sowie mehr Obst und Gemüse. Die Teilnahme ist freiwillig, als Anreiz winkt eine Auszeichnung für Schulbuffetbetreiber durch das Gesundheitsministerium, die jährlich verlängert werden muss.

Bisher hat ein Fünftel der Schulen, die einen Pausenverkauf anbieten, das Sortiment im Sinne der Empfehlungen umgestellt. Walpurga Weiß, die zuständige Projektleiterin im Gesundheitsministerium, zeigt sich "begeistert, dass innerhalb kurzer Zeit so viele Buffetbetreiber motiviert und überzeugt werden konnten". Schließlich sei es sehr schwierig, bei derartigen gesundheitsfördernden Projekten "Leute ins Boot zu holen und auch längerfristig zu halten".

Im Gegensatz dazu ist für die Nahrungsmittelexpertin Rosemarie Zehetgruber von der Consultingfirma gutessen.at das bislang erzielte Ergebnis "in keinster Weise zufriedenstellend". Schließlich stellen in 80 Prozent der Schulbuffets Leberkässemmeln, Pizzaschnitten und zuckerhaltige Softdrinks noch immer eher die Regel als die Ausnahme dar. "Es ist einfach wahnsinnig mühsam, das ganze System Schule zu motivieren. Es geht ja nicht nur darum, den Buffetbetreiber zu überzeugen, sondern hier wollen ja auch Schüler, Eltern, Lehrkräfte und die Schuldirektionen mitreden", gibt die Ernährungswissenschaftlerin zu bedenken. Eine Leitlinie sei zwar grundsätzlich eine gute Idee, aber gänzlich ohne gesetzliche Vorgabe nicht wirklich zielführend, so Zehetgruber.

Wahlfreiheit statt Verbote

Von Verboten hält Walpurga Weiß gar nichts, es gehe vielmehr darum, gemeinsam mit den Buffetbetreibern einen neuen Weg zu entwickeln und diesen dann zu begleiten. "Das sind ja kleine wirtschaftliche Unternehmen, und die Betreiber haben vielfach große Angst, dass eine Umstellung des Angebots zu teuer kommt und sie letztendlich nicht mehr davon leben können", erklärt die Projektleiterin.

Diese Argumentation kann auch Zehetgruber nachvollziehen, schließlich sind die tatsächlichen Verkaufszeiten auf wenige Minuten am Tag beschränkt und das Buffet aufgrund der Ferienzeiten relativ lange geschlossen. Der Ernährungswissenschaftlerin geht es auch gar nicht darum, das Angebot bis ins kleinste Detail durch Restriktionen zu regeln: "Einfache gesetzliche Vorgaben wären schon hilfreich, etwa dass keine Süßigkeiten in Packungsgrößen von mehr als 30 Gramm oder keine Getränke mit einem Zuckergehalt von über 7,5 Gramm pro 100 Milliliter in der Schule verkauft werden."

Alle Schulen individuell zu motivieren und zu beraten sei zudem die teuerste Variante, Überzeugungsarbeit zu leisten. "Mit einigen wenigen, aber klaren gesetzlichen Vorgaben könnte eine viel effektivere Gesundheitsförderung an den Schulen betrieben werden", so Zehetgruber. Dass ein ausgewogenes Essens- und Getränkeangebot weder die Buffetbetreiber in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt noch die Schülerinnen und Schüler in Massen zu den ungesunden Alternativen außerhalb der Schulen treibt, bestätigen schließlich bereits 20 Prozent der Anbieter. (Günther Brandstetter, derStandard.at, 2.9.2013)