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Langzeitarbeitslose, gesundheitlich Eingeschränkte, Ältere, Behinderte: Wer nicht fit ist, hat es am Arbeitsmarkt besonders schwer.

 

Foto: Reuters/Foeger

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Grafik: APA

 Wien - Österreichs Unternehmer stehen auf Jüngere, zumindest legen das die am Montag präsentierten Arbeitsmarktdaten für August nahe. Die Erwerbslosigkeit unter älteren Dienstnehmern (50 plus) ist im vergangenen Jahr um 22 Prozent und damit beinahe doppelt so stark angestiegen wie die Zahl der Arbeitslosen insgesamt; mehr als 63.000 der über 50-jährigen Österreicher haben derzeit keinen Job.

Die dramatische Lage rief prompt Arbeiter- und Wirtschaftskammer auf den Plan. Beide Organisationen forderten nach Präsentation der Zahlen neuerlich die Einführung eines gezielten Systems zur Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer. Das Problem dabei: AK und WKO sind völlig uneins darüber, wie das Modell aussehen soll.

Die Wirtschaftskammer favorisiert eine reformierte Neuauflage des alten Bonus-Malus-Systems. Zwischen 1996 und 2009 wurde die Beschäftigung Älterer durch den Staat finanziell gefördert: Unternehmen, die Dienstnehmer jenseits der 50 neu anstellten, ersparten sich für diesen Mitarbeiter ihren Beitrag zur Arbeitslosenversicherung. Diesem Bonus stand als Malus ein Sonderbeitrag zur Arbeitslosenversicherung gegenüber, der bei Kündigung eines älteren Arbeitnehmers fällig wurde, der zehn Jahre im Betrieb war. Weil es kaum Malusfälle gab (2006 etwa gerade 3000) und angeblich wegen hoher Verwaltungskosten wurde die Sonderförderung ersatzlos gestrichen.

Die Wirtschaftskammer würde zumindest den Bonus gerne wiederbeleben, sagt Martin Gleitsmann, Chef der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der WKO. Vorstellbar wäre für ihn etwa eine Senkung der Lohnnebenkosten für Neuangestellte in der Kategorie 50 plus.

Die Arbeiterkammer hält von diesem Modell wenig. Die AK hat eine umfassende Erhebung bei den österreichischen Betrieben durchgeführt und ist zu dem ernüchternden Ergebnis gelangt, dass eine große Zahl überhaupt keine älteren Dienstnehmer anstellt. Von rund 290.000 Betrieben im Land finden sich laut AK nur in 92.000 Mitarbeiter, die 55 Jahre oder älter sind. "Strafzahlungen für die Kündigung älterer Mitarbeiter sind also in den meisten Fällen wirkungslos, weil ohnehin wenige angestellt sind", sagt Helmut Ivansits von der Arbeiterkammer und auch ein vergleichsweise kleiner Bonus würde an dem Gesamtbild wenig ändern.

Wer nicht einstellt, zahlt

Die AK schlägt daher eine Ausgleichstaxe vor, ähnlich dem System, das bereits bei Anstellung von Menschen mit Behinderung gilt. Jeder Betrieb soll pro 20 Mitarbeiter einen Dienstnehmer beschäftigen, der 55 Jahre oder älter ist. Falls nicht, fiele eine Ausgleichstaxe an. Die Wirtschaftskammer lehnt dieses Modell als Zwangsystem ab, am meisten stört die WKO die potenziell hohen Kosten für manche Unternehmer.

Derzeit verhandeln beide Seiten, eine Einigung ist aber nicht in Sicht. Das Arbeits- und Sozialministerium hält sich zurück: Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) befürwortet zwar ein Bonus-Malus-System, will die Ausgestaltung aber den Sozialpartnern überlassen.

Auch Ökonomen wie Helmut Mahringer vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO befürworten ein Anreizsystem, und zwar auch im Hinblick auf das Rentensystem. "Wenn Unternehmen ein Eigeninteresse an der Beschäftigung älterer Dienstnehmer hätten, könnte das die Zahl der Frühpensionierungen zurückdrängen", sagt Mahringer. Allerdings verweist er darauf, dass der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit unter Älteren vor allem demografischen Aspekten und weniger einem Kündigungsfeuerwerk geschuldet ist. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Beschäftigten in der Gruppe der 50 plus überproportional angestiegen, einfach, weil ein geburtenstarker Jahrgang über diese Altersgrenze gerutscht ist. So liegt die Arbeitslosenquote bei den Älteren (nach nationaler Definition) bei 7,4 und bei den unter 50-Jährigen bei 6,9 Prozent. Rechnet man die meist jüngeren Schulungsteilnehmer hinein, gleicht sich die Arbeitslosigkeit in beiden Gruppen fast an. (András Szigetvari, Andreas Sator, DER STANDARD, 3.9.2013)