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Einst war Atomic die Nummer eins unter Europas Skiherstellern und stattete viele Spitzensportler aus. Im Bild: Annemarie Moser-Pröll. Dem Sog der Branchenkrise konnte sich Atomic nicht entziehen.

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Wien - Die Geschichte der Insolvenz des Skiherstellers Atomic ist eine, die zwar schnell erzählt, aber noch immer sagenumwoben ist. Abgespielt hat sich alles 1994. Am 7. September übergibt der mit rund einer Milliarde Schilling (72,7 Millionen Euro) Schulden in Schwierigkeiten geratene Atomic-Eigentümer Alois Rohrmoser die Mehrheitsanteile von Atomic an ein Treuhänderkonsortium, zieht sich aus der Geschäftsleitung zurück und übergeht damit die Hausbank Bawag. Diese überlegt rechtliche Schritte gegen Rohrmoser und unternimmt sie später.

Rund eine Woche später schlägt der interimistische Atomic-Chef Walter Wittmann Alarm: Die Bawag gefährde den Fortbestand des Unternehmens, "trotz voller Auftragsbücher wurden Kredite teilfälliggestellt". Atomic sei "akut gefährdet", weil nicht in der Lage, fällige Forderungen abzudecken und "überhaupt die Liquidität aufrechtzuerhalten".

Zwei Tage später schickt die Bawag Atomic in Konkurs, übernimmt selbst das Ruder und gibt eine Bestandsgarantie ab. Atomic sei bei einem Jahresumsatz von 1,8 Milliarden Schilling mit 1,6 bis 1,7 Milliarden Schilling verschuldet. Rohrmoser will den Konkursantrag verhindern, indem er das Unternehmen an die Bawag abtreten will, die Bank lehnt ab.

Am 16. September 1994 wird das Konkursverfahren am Landesgericht Salzburg eröffnet. Im Oktober lehnt das Oberlandesgericht Linz Rohrmosers Rekursantrag gegen den Atomic-Konkurs und ihn selbst ab. Mitte November verkauft die Bawag die Pongauer Firma für 919 Millionen Schilling an die finnische Amer-Gruppe.

Vier Jahre später, im Februar 1998, übermittelt die Kriminalabteilung der Gendarmerie der Staatsanwaltschaft Salzburg eine Sachverhaltsdarstellung. Der Verdacht richtet sich gegen den Konkursrichter, den Masseverwalter, den damaligen Bawag-Chef Helmut Elsner und andere Bank-Mitarbeiter, wonach im Insolvenzverfahren 300 Mio. Schilling, die die Bawag erhalten hat, nicht zur Schuldenabdeckung berücksichtigt worden seien. Die Bank dementiert. Im Juli stimmt das Justizministerium dem Vorhaben der Staatsanwaltschaft zu, das Verfahren gegen die Bawag einzustellen.

Rohrmoser will im März 1999 eine Neuaufnahme des Verfahrens mittels Subsidiarantrag erreichen. Bis zu seinem Lebensende im Februar 2005 hat Rohrmoser die Atomic-Pleite bekämpft. Er gab in Interviews zwar zu, mit schuld an den Problemen des Unternehmens zu sein, der Konkurs sei seines Erachtens aber nie nötig gewesen. Jemand wollte seinen Bankrott erreichen, sagte er stets. Im Raum stand auch der Vorwurf, Rohrmoser hätte seinen Besitz (landwirtschaftlicher Grund, Wald, Schloss Hoch, Kleinkraftwerke) mit Bawag-Krediten an Atomic aufgebaut. Auf diesen Besitz hat die Bawag zugegriffen.

Auch die Bank erntete Kritik. Die einen warfen der Bawag zu spätes Eingreifen vor, andere meinten, die Bank hätte Atomic durch Finanzierungen von sich abhängig gemacht. Im Dezember 2003 - mehr als neun Jahre nach Konkurseröffnung - wird das Verfahren abgeschlossen. Im März 2006 gelangte eine Quote von 73 Prozent zur Auszahlung - Insider sehen die hohe Quote als Indiz, dass der Konkurs unnötig gewesen sei.

Am 28. März 2006 erstattet Anwalt Werner Masser Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien. Er behauptete - kurz zusammengefasst - die Bawag habe Atomic und Rohrmoser in Konkurs gejagt, um im Insolvenzverfahren Verluste aus Karibikgeschäften zu verschleiern. Vorwürfe, die auch nach rechtlichen Auseinandersetzungen nicht verstummen wollen.

Zuletzt war die Atomic-Pleite im Banken-Ausschuss des Parlaments im März 2007 Thema. Ob die Causa damit ihre Ruhe findet, bleibt abzuwarten. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 3.9.2013)