In Seitenarme wie hier im Bild soll sich die Salzach in Zukunft bei Hochwasser entladen können. 

Foto: Ilse Englmaier

Salzburg - Die Salzach im Unterlauf von der Stadt Salzburg bis zur Mündung in den Inn ist dringend sanierungsbedürftig. Durch die Kraftwerksketten im Oberlauf fehlt dem Fluss Geschiebe, durch die Begradigungen hat das Wasser enorm an Tempo zugelegt. Beides führt zur immer rascheren Eintiefung bis hinunter zur weichen Schicht aus Seeton.

Im Freilassinger Becken zwischen der Landeshauptstadt und Oberndorf in Salzburg beziehungsweise Laufen in Bayern hat sich die Salzach bereits bis zu sieben Meter tief in den Boden gegraben. In der Folge droht ein Sohlebruch, die Uferböschungen könnten einstürzen, die Überflutungsgefahr steigt.

Einfache Lösung laut Machbarkeitsstudie

Bis hierher sind sich Politik, Behörden und Naturschützer in Bayern und in Österreich noch einig. Der Disput beginnt bei der Frage: Was nun? Während die Energiewirtschaft auf längere Sicht mit einem weiteren Kraftwerk liebäugelt, das dem Fluss seine Kraft nehmen soll und als Zusatznutzen auch noch Strom ins Netz speist, plädieren die Naturschützer für eine Aufweitung des Flussbetts.

Nach einer vom Naturschutzbund Bayern und vom Naturschutzbund Österreich in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie wäre dies auch relativ einfach zu bewerkstelligen. Im Wesentlichen müssten nur ehemalige Seitengerinne freigelegt werden, den Rest erledigt der Fluss ganz von selbst.

Der größte Vorteil dieser Lösung sei der Hochwasserschutz, sagt Studienautor Stefan Sattler. Durch die Aufweitung entstehen Retentionsräume, die bei Hochwasser geflutet werden. Das Hochwasser wird dann nicht - wie derzeit - einfach an die Unterlieger weitergegeben, die dann mit der Flutwelle zu kämpfen hätten. Sattlers Motto: "Breitwasser statt Hochwasser."

Großer Flächenbedarf

Die unmittelbaren Kosten für eine naturnahe Sanierung halten sich in Grenzen. Rund eine Million Euro, schätzt Sattler, der ähnliche Projekte bereits an der Drau in Kärnten umgesetzt hat, würde die Sanierung pro Flusskilometer kosten. Macht in Summe von Salzburg bis Laufen 20 Millionen.

Problematischer ist der Flächenbedarf. Für den Anfang würden laut Sattler für die Naturflussvariante 20 Hektar benötigt. Auf bayerischer Seite wird aufgrund der vielen kleinen Eigentümer die Bodenbeschaffung schwierig. Auf österreichischer Seite müssten nur einige wenige Großgrundbesitzer - allen voran Max Mayr-Melnhof - abgefunden werden. "Es wurden schon konkrete Gespräche geführt, es gibt Bewegung", berichtet der Salzburger Naturschutzbund-Sprecher Hannes Augustin. Mayr-Melnhof wolle kein Geld als Abfindung, sondern einen Grundstückstausch.

Von einer naturnahen Sanierung müsste freilich auch noch die Bevölkerung überzeugt werden. Bei einer Online-Befragung von 19.000 Haushalten Anfang des Jahres hat sich eine Mehrheit für einen Kraftwerksbau ausgesprochen. Nur zwölf Prozent plädieren für eine naturnahe Lösung. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 4.9.2013)