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Der nigerianischen General Okonkwo führt eine elf-köpfige Delegation an, die sich ein Bild über die Lage im Bürgerkriegsland schaffen möchte.

Foto: APA/ EPA/STR
New York - Der Weltsicherheitsrat hat am späten Mittwoch erstmals über eine Multinationale Truppe (MNF) für Liberia beraten. Dem Rat lag ein Resolutionsentwurf der USA vor, der grünes Licht gibt für die Entsendung einer schnellen Einsatztruppe mit etwa 1.500 nigerianischen Soldaten und für die Verstärkung durch Truppen aus anderen Ländern Westafrikas. Die Resolution könnte nach Einschätzung des amerikanischen UN-Botschafters John Negroponte schon Anfang kommender Woche verabschiedet werden. Sie ebnet auch den Weg für die bewaffnete UN-Friedensmission, die die Multinationale Truppe bis zum 1. Oktober in Liberia ablösen soll.

Annan fordert konkretes Datum

UN-Generalsekretär Kofi Annan rief den westafrikanischen Staatenbund ECOWAS auf, ein Datum für die geplante Entsendung seiner Truppen zu nennen. Die Eingreiftruppe ist seit Wochen angekündigt, die Stationierung hat sich jedoch immer wieder verzögert. Verantwortlich dafür werden unter anderem Finanzierungsfragen und die gebrochene Waffenruhe in Liberia gemacht. Am Mittwoch flog ein Vorausteam des multinationalen Eingreifteams von Ghana aus in die liberianische Hauptstadt Monrovia.

Er sei sehr besorgt, dass die Verzögerung das Leid der liberianischen Bevölkerung weiter verstärke, erklärte Annan am Mittwoch. Sowohl UN als auch mehrere afrikanische Länder haben eine führende Rolle der USA gefordert. Washington hat bisher lediglich Unterstützung zugesagt. Auch der Resolutionsentwurf vom Mittwoch erwähnt keine Beteiligung amerikanischer Soldaten. Ein Streitpunkt dürfte nach Ansicht von Diplomaten auch der Wunsch der USA sein, alle Beteiligten der multinationalen Truppe von möglicher Verfolgung vor dem Internationalen Strafgerichtshof auszunehmen, der von Washington abgelehnt wird.

"Menschlichkeit nur ein leerer Begriff"

Unterdessen appellierte der liberianische Bischof Michael Francis Kpakala eindringlich an die internationale Gemeinschaft, seinem Volk zu helfen. "Wir sind ein Teil der menschlichen Familie und wir glauben, dass jedes Land die Verpflichtung hat, einem anderen in Not zu helfen", sagte Kpakala nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Kofi Annan zu Journalisten. "Niemand darf tatenlos zusehen, wie andere Menschen getötet werden und verhungern, (...) sonst ist Menschlichkeit nur ein leerer Begriff".

Der Bischof von Monrovia zog vor allem mit Washington hart ins Gericht. Liberia stamme von Amerika ab und sei 160 Jahre lang sein guter Freund gewesen. Jetzt sei es an der Zeit, dass Amerika seine moralische Pflicht erfülle und den Liberianern helfe - "nicht morgen, sondern auf der Stelle", sagte Kpakala.

"Notfalls mit Gewalt"

Aufgabe der Multinationalen Truppe ist, so weit für Ordnung zu sorgen, dass Hilfsorganisationen im Bürgerkriegsland wieder ungehindert tätig sein können. Auf Anraten von Annan soll das Mandat auf Kapitel VII der UN-Charta Bezug nehmen und notfalls mit Gewalt gegen die Rebellen in Liberia vorgegangen werden.

Aus Sorge um mögliche Verfahren gegen US-Soldaten schlägt der amerikanische Resolutionsentwurf vor, das Personal aller Truppen stellenden Länder von der Strafverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) auszuklammern.

Taylor Rücktritt Mitte August?

Nigeria hat zwei Bataillone von insgesamt 1.400 Soldaten für den Einsatz zugesagt, deren Ausstattung und Transport nach Liberia von der UN-Mission im Nachbarland Sierra Leone unterstützt und finanziert werden soll. Die UN hoffen, dass das erste Bataillon spätestens bis Mitte August in Monrovia eintrifft. Zu diesem Zeitpunkt will dann der liberianische Präsident Charles Taylor sein Land verlassen. Bald darauf sollen das zweite Bataillon aus Nigeria und die versprochenen Truppen anderer westafrikanischer (ECOWAS) Länder nachrücken.

Negroponte wiederholte auf Fragen von Journalisten, dass die USA nicht bereit seien, die Führung der Multinationalen Truppe zu übernehmen, sondern ihr nur logistisch und technisch zur Seite stehen wollten. In welcher Form das geschehen soll, konnte der amerikanische Botschafter nicht erläutern.

Friedensmission

Einen Tag vor den Beratungen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) über die Stationierung einer Friedenstruppe in Liberia ist am Mittwochabend eine Gruppe westafrikanischer Offiziere in dem Bürgerkriegsland eingetroffen. Unter der Leitung des nigerianischen Generals Festus Okonkwo soll das aus Ghana angereiste Team die Lage in der liberianischen Hauptstadt Monrovia prüfen. Die insgesamt elf Offiziere werden nach eigenen Angaben bis Samstag im Land bleiben. Die Friedensmission solle kurz darauf beginnen, sagte Okonkwo nach seiner Ankunft in Monrovia.

Die USA sagten der ECOWAS-Truppe unterdessen finanzielle Unterstützung zu. Washington habe Gelder für die Mission übermittelt und halte weitere Mittel für eine fortwährende Unterstützung bereit, sagte der Staatssekretär für Afrika im US-Außenministerium, Walter Kantsteiner, in der ghanaischen Hauptstadt Accra. (APA/dpa/AFP)