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Standard: Sie sagten einmal, Sie kennen Ihre Schuhgröße und wollen nicht Vizekanzler werden. Passen die Schuhe?

Haupt: Ich habe als Sozialminister und Vizekanzler mehr erreicht als die Nachbarstaaten. Etwa eine Pensionsreform, die nicht jene fördert, die sich im Faulbett des Sozialstaats breit gemacht haben. Die Schuhe passen.

Standard: Jörg Haider findet Ihre Schuhgröße zu klein für Vizekanzler und Parteichef.

Haupt: Haider ist ein hervorragender Verkäufer. Die Public- Relations-Abteilung im Süden und der Brain-Trust in Wien gehören verbunden. Das machen wir erfolgreich. Die Debatte um die Pensionsreform haben wir gemeinsam geführt, nun debattieren wir gemeinsam über die Steuerreform.

Standard: Haider sagt, es sei vereinbart, dass Sie im Herbst den Parteivorsitz abgeben

Haupt: Er sagt auch richtigerweise, dass mit mir vereinbart ist, dass es meine Angelegenheit ist. Und so ist es.

Standard: Sie geben den Parteivorsitz also nicht ab?

Haupt: Ich werde meine Entscheidung breittreten, wenn ich die Zeit für reif erachte. Keine Minute vorher.

Standard: Haider sagt, es hat eine Abmachung gegeben. Hat er sich an Teile der Abmachung nicht gehalten, etwa, seinen Fanclub still zu halten?

Haupt: Der Klub der Freunde Haiders ist nicht meine Angelegenheit. Ich halte es nicht für gescheit, einen Fanklub aufzubauen, der sein Eigenleben führt. Und den man nur schwer von ihm trennen kann.

Standard: Ist Haider nach Wahlniederlagen in Tirol und Oberösterreich als Parteichef zu verhindern?

Haupt: Wie kommen Sie darauf, dass es Niederlagen gibt? Wir werden sehen, wer den Wahltag am 28. September überlebt. Ich bin sicher, dass es für mich ein guter Tag ist, denn es ist mein Geburtstag.

Standard: Werden Sie 2004 für den Parteivorsitz kandidieren?

Haupt: Die Entscheidung treffen der liebe Gott und ich vor dem Parteitag 2004.

Standard: Fühlen Sie sich an Knittelfeld erinnert? Nervt Sie die Demontage auf Raten?

Haupt: Ich sehe mit großer Sorge die Unruhe in der ÖVP, wo Großkoalitionäre in Wirtschaft und manchen Bundesländern zum Halali auf den Bundeskanzler blasen. Das ist das gefährlichere Element als die FPÖ. Die FPÖ hat immer ihre Abstimmungsergebnisse gestellt wie in der Koalition vereinbart. Am Weg dorthin mag sein, dass manches mit uns mühselig ist, weil wir uns mit Zwischenergebnissen nicht zufrieden geben.

Standard: Mühsam ist der Weg zur Steuerreform. Die ÖVP will die Senkung der Körperschaftssteuer, sind Sie dafür?

Haupt: Wir werden sehen, ob wir die verlängerten Werkbänke mit einem Steuermodell in Österreich halten können. Ich glaube eher, dass wir sie halten können, wenn wir die Bürokratie abbauen und Unternehmer nicht 200 Seiten Gesetzestext des Kollegen Bartenstein lesen müssen, bevor sie einen Lehrling anstellen. Ich bin vor allem dafür, dass wir die Steuern für den unteren Mittelstand absenken.

Standard: Laut ÖVP wurde für den kleinen Mann genug getan.

Haupt: Mittelstand und Freiberufler sehen das anders, Arbeiter und Angestellte auch. Ich bin Vertreter dieser Gruppen und setze mich dafür ein, dass sie Steuererleichterungen bekommen.

Standard: Die ÖVP will den Spitzensteuersatz senken.

Haupt: Das ist nicht prioritär. Diese Kategorie soll zufrieden sein, dass sie so viel verdient, und nicht jammern, dass sie so viel Steuern zahlen muss. Daher ist die Entlastung der Spitzenverdiener für mich nicht prioritär, sondern die der kleinen und mittleren Einkommen.

Standard: Teile der FPÖ wollen die Steuerreform vorziehen.

Haupt: Wir werden sehen, ob das Geld da ist. Eines will kein Freiheitlicher: eine Steuerreform auf Pump. Man muss als kleines Land die Geduld haben, die Gelder zyklisch einzusetzen und nicht antizyklisch. Daher wird der Zeitpunkt eine Entscheidung der Wirtschaftsforscher sein, ich verlasse mich da voll auf sie.

Standard: Und haben keine eigene Meinung?

Haupt: Die Steuerreform ist ein Meilenstein, sie muss kommen. Über den Zeitpunkt sind wir gut beraten, ihn wirtschaftlich festzulegen.

Standard: Kommen Sie zum Steuerreformtisch Haiders oder Gusenbauers?

Haupt: Ich bin nicht der große Steuerexperte. Vielleicht habe ich deshalb keine Einladung.

Standard: Van Staa und Ihr Vize Walch wollen Solidarbeiträge für hohe Pensionen.

Haupt: Es gibt schon Solidarbeiträge für Politiker und für Beamte mit Zusatzpensionen. Für jene mit hohen Pensionseigenleistungen soll kein neuer Solidarbeitrag kommen. Für jene ohne hohe Eigenleistung kann ich mir das vorstellen.

Standard: Wird die Harmonisierung mit der ÖVP gelingen?

Haupt: Mit jenem Teil der ÖVP, der in der Regierung sitzt, wird es sicher gehen. Ob alle in den Bundesländern mitmachen, weiß ich nicht. Manche in den Ländern wollen partout nicht sehen, dass sie ausufernde Töpfe für einige wenige geschaffen haben.

Standard: Sie haben Frühpensionen abgeschafft. Staatssekretär Kukacka will 12.000 ÖBBler frühpensionieren.

Haupt: Das ist nicht gescheit. Kukacka sollte versuchen, ÖBBler in neue Berufe zu bringen. Wir brauchen 20.000 Menschen im Pflegebereich - daher wäre es für den einen oder anderen ÖBBler sicher interessant, sich zum Pflegehelfer umschulen zu lassen. Es ist klüger, die ÖBBler umzuschulen, als in Frühpension zu schicken.

Standard: Wie ist denn das Koalitionsklima?

Haupt: Wir haben ein arbeitsfähiges Klima. Die FPÖ bewegt sich nach oben, trotz der Debatte über die Pensionsreform liegen wir in Umfragen bei 14 Prozent. Mein Bemühen ist, die FPÖ etwa vier Prozent über den Grünen zu stabilisieren.

Standard: Bescheiden. Erwin Pröll meint, die Demütigung durch die FP sei unerträglich?

Haupt: Vielleicht ist es für Pröll eine Demütigung, dass in der Koalition etwas weitergeht, obwohl Pröll mit ihr nicht einverstanden war.

Standard: Sind Sie mit dem rot-blauen Flirt einverstanden?

Haupt: Ich war immer für ein entspanntes Verhältnis zu allen. Aber manche in der SPÖ sind noch am alten Ausgrenzungstrip. Und wollen nur die Koalition sprengen, um in die Regierung zurückzukehren. Das ist ein durchsichtiges Spiel. Wir werden darauf nicht hereinfallen.

Standard: Wollen Sie in der Causa Grasser immer noch eine Zusatzprüfung?

Haupt: Es gibt ein abgeschlossenes Verfahren.

Standard: Aber niemand kennt das Gutachten.

Haupt: Staatssekretär Finz hat es referiert. Ich hätte es besser gefunden, dass man es dem Verein übermittelt, so wie jeder Steuerzahler einen Bescheid kriegt. Das wäre eine saubere Lösung. Mir hat nicht gefallen, dass Finz die Prüfung mit einer Pressekonferenz beendet hat und nicht mit einem schriftlichen Bescheid.

Standard: Soll er das nachholen?

Haupt: Das wäre sinnvoll.

Standard: Hat sich Grasser geschickt verhalten?

Haupt: Grasser hat gesehen, dass es doch nicht einfach ist, ohne Fraktion als Unabhängiger in so einer Situation in der Regierung zu sein. Das war für seine Teamfähigkeit durchaus eine gute Geschichte, weil er ein lernfähiger Mensch ist.

Standard: Er wurde vom hohen Ross heruntergeholt?

Haupt: Das haben Sie gesagt. Für einen jungen Menschen ist es ein heilsamer Erziehungsprozess, dass man nicht alles allein machen kann, sondern Teamwork braucht.(DER STANDARD, Printausgabe, 31.7.2003)