Christian Hrdliczka: "Natürlich sollte der Vermieter auch etwas zahlen, wenn der Makler für ihn Arbeit erledigt."

Foto: Putschögl

Christian Hrdliczka, stellvertretender Fachgruppenobmann der Immobilientreuhänder in der Wiener Wirtschaftskammer, ist überzeugt davon, dass die 2011 eingeführte "Immobiliencard" eine gute Sache ist. Ab 2014 müssen Makler, die den Qualitätsausweis tragen wollen, eine absolvierte Ausbildung nachweisen. Im Makler-Netzwerk Re/Max, wo Hrdliczka in seinem Brotberuf für Aus- und Weiterbildung zuständig ist, stehe man der Card deshalb nun auch "positiver gegenüber" - was helfen könnte, die Immobiliencard bundesweit bekannter zu machen.

Der "rote" Maklervertreter - er ist Funktionär im SPÖ-Wirtschaftsverband - spricht sich im derStandard.at-Interview mit Martin Putschögl klar gegen die Pläne seiner Partei aus, die Mieter-Provisionen ganz abzuschaffen. Stattdessen schlägt er ein Modell vor, das nach der Höhe der Miete gestaffelt ist. Und wie die ÖVP-Vertreter im WKÖ-Fachverband der Immobilientreuhänder würde auch er gerne Wiener Gemeindebauwohnungen makeln dürfen - und rüttelt damit an einem parteiinternen Tabu.

derStandard.at: Vor drei Jahren wurden die Maklerprovisionen gekürzt. In Ihrer Funktion als Vertreter des SPÖ-Wirtschaftsverbands haben sie damals ein Provisionsmodell vorgeschlagen, bei dem sich die Höhe der Provision an der Höhe der Miete orientierte. Heute will die SPÖ die Mieter-Provision ganz abschaffen. War Ihr Modell nicht überzeugend genug?

Hrdliczka: Wir haben damals gesagt: Wir stehen dazu, dass jemand, der sozial nicht so gut gestellt ist, ein Entgegenkommen bei der Provision haben soll. Mit einer ersten Stufe, bei der jemand nur eine Monatsmiete Provision zahlt, egal wie lange er oder sie in der Wohnung bleibt. Dann sollte es eine zweite Stufe mit zwei Monatsmieten und eine dritte Stufe – den Luxusbereich – geben, wo man drei Monatsmieten zahlt. Denn eine Auswirkung der Provisionskürzung von 2010 war auch, dass die großen internationalen Konzerne und Botschaften plötzlich für ihre Mitarbeiter nur noch auf drei Jahre befristet gemietet haben und somit nur eine Monatsmiete Provision zahlten. Eine Befristung auf fünf Jahre – die übliche Laufzeit von Management-Verträgen – hätte zwei Monatsmieten gekostet.

derStandard.at: Aus Ihrer Sicht wäre das Modell also jedenfalls besser als die Auftraggeber-Provision?

Hrdliczka: Ja, als Zwischenlösung jedenfalls.

derStandard.at: Warum findet man das Modell dann nicht im SPÖ-Wahlprogramm?

Hrdliczka: Wahrscheinlich hat uns keiner gefragt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

derStandard.at: Mieterschützer könnten freilich einwenden, dass die Mieten dann eher steigen werden, wenn sie zuvor knapp unterhalb einer solchen Grenze liegen.

Hrdliczka: Das denke ich nicht. Günstige Mieten findet man ohnehin nur noch im regulierten Bereich, und hier hat man immer die Möglichkeit, über die Schlichtungsstelle die Miete überprüfen zu lassen. Wenn sie zu hoch ist, haftet auch der Makler – und der hat dann überdies gleich zwei Probleme: Er muss einerseits die zu viel bezahlte Provision zurückzahlen und andererseits hat er, indem er die falsche Miete an den Mieter weitergegeben hat, ohne diesen darauf hinzuweisen, seine Aufgaben gemäß Konsumentenschutzgesetz nicht erbracht.

derStandard.at: Vom Vermieter dürfen weiterhin drei Monatsmieten verlangt werden. Sollte der nicht auch langsam seinen Beitrag leisten?

Hrdliczka: Natürlich sollte der Vermieter auch etwas zahlen, wenn der Makler für ihn Arbeit erledigt. Denn für einen professionellen Dienstleister kann es eines einfach nicht geben: Dass er für irgendjemanden gratis arbeitet. Es hat noch keiner gewonnen am Markt, weil er etwas verschenkt hat.

derStandard.at: Mit der 2011 zunächst in Wien und dann auch bundesweit eingeführten "Immobiliencard" sollte es möglich werden, die "guten" Makler von den "bösen" leichter herauszufiltern. Bisher hat sich die Card aber nicht so richtig durchgesetzt. Wird sich das bald ändern?

Hrdliczka: Die Immocard soll den Kunden zeigen, dass sie es mit einem entsprechend gut vorbereiteten und auch rechtlich richtig aufgestellten Partner zu tun haben. Dafür ist sie ein ganz wichtiges Instrument. Ab 2014 muss bei Neuausstellung und Verlängerung nun endlich auch eine Ausbildung nachgewiesen werden – das war bisher nicht der Fall. Den Mindeststandard gibt die ONR 43001-1 vor, darin steht, dass man etwa über Grundkenntnisse in z.B. Planlesen und rechtlichen Belangen verfügen muss. Allerdings ist das mittlerweile auch unabhängig von der Immocard der Ausbildungsstandard, den man als Mitarbeiter eines Maklerunternehmens zumindest aufweisen muss. Das wurde mit der Änderung der Standesregeln letztes Jahr so beschlossen.

derStandard.at: Wird dann also endlich auch Re/Max seinen Mitgliedern die Immocard empfehlen?

Hrdliczka: Wir verlangen von unseren Maklern sowieso schon seit 2006 eine verpflichtende Grundausbildung, die schon damals vom Standard her mehr als gleichzusetzen war mit der jetzigen ONR 43001-1. Dadurch, dass diese Kombination jetzt schlagend wird, stehen aber auch wir als Organisation der Immobiliencard wieder positiver gegenüber.

derStandard.at: Der Vorteil dabei ist, dass die Kunden schon vor einer Kontaktaufnahme im Internet nachsehen können, ob ein Makler die Card besitzt oder nicht. Empfehlen Sie diesen Vorab-Check eigentlich jedem Makler-Kunden?

Hrdliczka: Ja, denn ich denke für den Kunden sind zwei Dinge wichtig: Erstens dass er weiß, dass er einen Partner hat, der in einem rechtlich richtigen Verhältnis arbeitet – weil nur dadurch ein entsprechender Schutz des Kunden, auch versicherungstechnisch, gegeben ist. Und zweitens: Er hat es auch mit einem Partner zu tun, der die entsprechende Mindestausbildung absolviert hat. Auf immobiliencard.at sehe ich, wer diese Karte schon hat, aber auch alle Unternehmen, die gewerberechtlich richtig am Markt auftreten.

derStandard.at: Wenn man als Maklerkunde nun auf einen Makler trifft, der die Card nicht hat – kann man dann im Umkehrschluss davon ausgehen, dass man es mit einem "schwarzen Schaf" zu tun hat?

Hrdliczka: Theoretisch nein, denn es gibt natürlich auch Unternehmen, die sehr wohl professionell arbeiten und deren Mitarbeiter auch die entsprechende Ausbildung haben, aber trotzdem nicht die Immobiliencard besitzen. Es gibt keine Verpflichtung, die Card zu haben; es ist ein Goodwill. Man ist Mitglied in einem Kreis, der sich bestimmte Verhaltensvorschriften auferlegt hat.

derStandard.at: Wäre es Ihnen persönlich lieber, es gäbe eine Verpflichtung?

Hrdliczka: Ich denke, es wäre vom Nutzen her besser. Der Kunde sollte sehen, dass er einen Mehrwert hat, wenn er mit uns arbeitet. Mit der Card lässt sich das offensiv nach außen hin transportieren. Denn erst wenn man das Leistungsspektrum des Maklers kennt, weiß man, welchen Wert die Zusammenarbeit mit ihm hat. Und ich rate den Kunden, das auch aktiv einzufordern. Bei einer Besichtigung hat ein professioneller Makler beispielsweise zu wissen, wie hoch die Betriebskosten sind. Wenn er das nicht weiß, dann sollte man zu einem anderen gehen.

derStandard.at: Sind also auch die Kunden ein wenig schuld daran, dass es die "schwarzen Schafe" noch gibt – weil sie sich von den Maklern zu viel gefallen lassen?

Hrdliczka: Grundsätzlich ist der Kunde nie schuld. Die eine oder andere Veränderung könnte aber natürlich schneller passieren, wenn jene Gremien, die die Möglichkeit haben, etwas zu unternehmen, auch die Information darüber haben, wo etwas zu ändern ist. Wenn ich meinen Unmut im privaten Umfeld äußere, am Wirtshaustisch oder in gewissen Internetforen, aber die Leute, die etwas dagegen unternehmen können, nichts darüber erfahren – oder nur anonym -, dann kann im Sinne des Kunden nichts verbessert werden.

derStandard.at: Was kann man tun, wenn sich der Makler nicht auskennt?

Hrdliczka: Wenn der Makler nichts weiß, fragt man: "Wer sind Sie? Welche Ausbildung haben Sie? Haben Sie eine Immobiliencard? Für welches Unternehmen arbeiten Sie?" – falls das noch nicht klar ist. Diese Informationen sollten gesammelt werden. Immer wieder rufen Kunden bei uns in der Fachgruppe der Immobilientreuhänder an und fragen: "Dieses und jenes ist passiert, war das in Ordnung?" Wir bitten das Unternehmen dann um eine Stellungnahme, und je nach Schwere kommt es zu einer Abmahnung, oder es wird ein Fall für die Gewerbebehörde oder den Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb daraus.

derStandard.at: Fehlleistungen von Maklern sollten also öfter mal gemeldet werden?

Hrdliczka: Natürlich kommt es auch öfters vor, dass ein bestimmtes Verhalten einem Kunden zwar komisch vorkam, aber trotzdem richtig war. Die Konsumenten sollten aber jedenfalls die Gelegenheit nützen, etwas aufzuzeigen, wenn etwas für sie nicht in Ordnung ist. Denn das ist in gewisser Weise ja auch ein Lernprozess für den Konsumenten. Man lernt zu unterscheiden, was Professionalität ist, und was Pfusch. Das Pfuschen hat zwar eine gewisse Tradition in Österreich, doch sein Nachteil ist, dass es weder eine Gewährleistung gibt, noch einen Schutz, wenn was passiert. Es bleibt ein gewisses Risiko, wenn man mit jemandem zusammenarbeitet, der nicht entsprechend rechtlich aufgestellt ist. Unser Ziel muss sein, dem Kunden zu kommunizieren: Wer mit uns arbeitet hat Schutz, Kompetenz, Sicherheit und einen professionellen Partner.

derStandard.at: "Professionell" ist auch ein gutes Stichwort für das letzte Thema, die Gemeindebauten. Der Wiener Fachgruppenobmann Michael Pisecky drängt schon länger darauf, Gemeindewohnungen makeln zu dürfen – weil die privaten Makler das viel effizienter könnten, wie er behauptet. Stadtrat Michael Ludwig sieht das Gratis-Service von Wiener Wohnen aber als Dienstleistung, die die Stadt für alle Wohnungssuchenden erbringt. Wie stehen Sie als "SPÖ-Makler" dazu?

Hrdliczka: Die Dienstleistung, die bei Wiener Wohnen geboten wird, kann ein professioneller Makler sicher auch bieten. Das heißt aber nicht, dass die Dienstleistung dort schlecht ist. Für mich ist es eher ein soziales Thema: Soll eine Leistung, die einer einzigen Familie zugute kommt, die Allgemeinheit bezahlen? Ds heißt nämlich, dass alle Bürger Wiens dafür zahlen, dass tausend Menschen im Jahr eine Wohnung finden. Das kann's ja nicht sein. Da geht's ums Gleichheitsprinzip.

derStandard.at: Aber das Recht auf Wohnen steht ja immerhin in der Europäischen Menschenrechtskonvention, ist also doch irgendwie ein Sonderfall.

Hrdliczka: Ja schon, aber was hat das mit Wiener Wohnen zu tun? Wohnen kann ich überall. Aber wie kommt jemand, der sich privat wo einmietet, dazu, den Makler zahlen zu müssen, und der, der eine Gemeindewohnung mietet, nicht - beziehungsweise diesen Aufwand von allen anderen bezahlt kriegt? Diesen Aufwand könnte man sparen, wenn man einen professionellen Partner hätte. Der Makler hat einen viel breiteren Marktzugang und ganz andere Marketinginstrumente zur Verfügung, und er ist auch ein objektiverer Berater – weil er nicht dieses eine Objekt anbringen will, sondern gegebenenfalls auch etwas anderes für den Kunden hat. (Martin Putschögl, derStandard.at, 6.9.2013)