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Foto: APA/Scheriau

Der Weltfußballverband FIFA ist um Transparenz bemüht. Das wird Sie nun ein Schmunzeln kosten. Aber seit 2007 gibt es tatsächlich ein sogenanntes "Transfer Matching System". Dessen Ziel ist es, die "Integrität, Rechenschaft und Innovation auf dem globalen Transfermarkt zu fördern." Jährlich erscheint ein Bericht, der Aufschluss über die weltweiten Finanzströme gibt. Die Ausgabe 2013 ist zwar noch nicht verfügbar, so viel hat die FIFA aber bereits am Dienstag verraten: Zwischen 1. Jänner und 2. September 2013 wurden 10.454 internationale Transfers abgewickelt. Die deklarierten Zahlungen beliefen sich dabei auf 2,54 Milliarden Euro. Das entspricht einem Wachstum von mehr als 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In your face, Wirtschaftskrise.

Auch die Vermittler schneiden auf diesem Markplatz kräftig mit: Die gezahlten Kommissionen sind 2013 um 20 Prozent auf 128 Millionen Euro angestiegen. Über die letzten zwei Jahre wurde ein Anstieg um 80 Prozent (!) vermerkt. Das Geld fließt in alle Richtungen, aber vor allem von Spanien nach England (171 Millionen Euro, Löwenanteil Gareth Bale) und von Italien nach England (112 Millionen Euro). Agenten und Vereine reiben sich in der Transferzeit die Hände, der Champagner sprudelt. Und Österreich sieht zu.

 

 

Wenn Sie tapfer waren, haben Sie eben nach unten gescrollt und Schlusslicht Österreich gefunden. Insgesamt 169 Transfers wurden in den zwei Profiligen registriert. 89 davon gingen in der Bundesliga über die Bühne, in der Ersten Liga waren es 80. Einnahmen waren dabei kaum zu lukrieren. Die prominentesten Abgänge ins Ausland waren mit Jakob Jantscher (Nijmegen), Stefan Kulovits (Sandhausen) und Benjamin Sulimani (Stavanger) nicht gerade Kassenschlager. Kulovits und Sulimani gingen ablösefrei, Jantscher als echtes Schnäppchen. 250.000 Euro soll der ÖFB-Teamspieler laut transfermarkt.at gekostet haben. Als zweitteuersten Transfer in der Bundesliga notiert die Website Florian Neuhold. Er wechselte von Sturm Graz zum SCR Altach. Kolportierte Ablöse: 10.000 Euro.

Die österreichische Liga versteht sich als Ausbildungsliga. Junge Spieler sollen zu international wettbewerbsfähigen Profis heranreifen und gewinnbringend exportiert werden. Im Ausland sollen sie dann eine Qualität erreichen, die dem Nationalteam weiterhilft. Das gelingt immer öfter (Prödl, Kavlak, Junuzovic, Dragovic!), ist aber weit davon entfernt, Programm zu sein. Während Ligen aus kleineren Ländern Gewinne erwirtschaften, fährt die Bundesliga - und das ist wohl ihr einziger gemeinsamer Nenner mit den großen Ligen - regelmäßig Transferverluste ein. Das Minus hängt auch mit der Transferpolitik von RB Salzburg zusammen. Dort leistet man sich hohe Ablösesummen und das Ablehnen lukrativer Angebote. Galatasaray Istanbul soll im Sommer mit einem prall gefüllten Geldkoffer in Wals-Siezenheim angeklopft haben, Kevin Kampl gefiel dem türkischen Meister. Dabei blieb es aber auch.

Meister Austria ließ wiederum die an Philipp Hosiner interessierte Delegation aus Hoffenheim abblitzen. Rund 3,5 Millionen Euro sollen die Deutschen für den heimischen Torschützenkönig geboten haben. Wenn man bedenkt, dass Hosiner mit seinem Assist auf Roman Kienast maßgeblich am Einzug in die Champions League (mindestens zehn Millionen Euro wert!) beteiligt war, nicht die dümmste Entscheidung am Verteilerkreis. Aber selbst wenn man diese nicht erwiderten Annäherungen berücksichtigt, eine gewinnbringende Ausbildungsliga sieht anders aus. Zum Beispiel so wie die niederländische.

 

 

Geschätzte 145 Millionen haben die Vereine der Eredivisie 2013 am Transfermarkt eingenommen und dabei mehr als 111 Millionen Gewinn erwirtschaftet. Damit ist man weltweit Marktführer. Spieler werden am Fließband produziert und in Topligen exportiert. Allein PSV Eindhoven hat in diesem Jahr nur mit Transfers satte 41,5 Millionen Euro umgesetzt. Fünf Spieler verließen den Verein gegen Bezahlung, drei davon waren Niederländer. Billig einkaufen, teuer verkaufen, das Konzept klingt simpel und geht auf.

Selbst kleinere Vereine wie AZ Alkmaar und Twente Enschede kassieren zweistellige Millionenbeträge. Geld, das auch in Infrastruktur und Jugendförderung fließt. Geld, das in Österreich fehlt. Rapid Wien ging in den vergangenen zwei Saisonen quasi leer aus, rechnet im Budget aber gerne mit zusätzlichen Einnahmen.

Der Vergleich mit den an Fußballkultur reichen Niederlanden ist natürlich etwas unfair. Portugal wollen wir an dieser Stelle trotz einer Österreich ähnlichen Einwohnerzahl lieber auch nicht erwähnen. Aber wie fällt der Vergleich mit der Schweiz, Belgien, Dänemark oder Schweden aus?

 

 

Ernüchternd. Sie alle exportierten in den vergangenen fünf Jahren deutlich gewinnbringender, selbst wenn man Red Bull Salzburg ausklammert. Die belgische Jupiler Pro League verzeichnete allein in der Saison 2011/12 einen Transferüberschuss von 62 Millionen Euro, mehr als 15 Millionen gingen dabei auf das Konto von Rapid-Gegner KRC Genk.

Der österreichische Fußball verkauft sich nicht, er ist ein Ladenhüter. Die Spieler werden entweder wie David Alaba im Jugendalter abgefischt, oder sie müssen in internationalen Bewerben auf sich aufmerksam machen. Dafür fehlte in den letzten acht Jahren die Champions League als wertvolle Auslage. Leistungen in der Bundesliga werden kaum wahrgenommen, es sei denn, man zerlegt die Liga wie Marc Janko oder Philipp Hosiner. Den Ruf einer international wertvollen Ausbildungsliga muss man sich erst erarbeiten. Damit auch wieder einmal Hände gerieben werden. (Philip Bauer, derStandard.at, 4.9.2013)