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Eine Passantin in Berlin geht an einem riesigen Wahlplakat der CDU vorbei, das die typische Handhaltung der Bundeskanzlerin zeigt. Das Plakat hängt an einem Baugerüst nahe dem Hauptbahnhof.

Foto: APA/Nietfeld

Mit Berlin hat die CDU natürlich Glück. In keiner anderen deutschen Großstadt wird im Zentrum immer noch so viel gebaut wie in der Hauptstadt. Direkt neben dem Hauptbahnhof entsteht gerade ein neues Steigenberger-Hotel. Das Baugerüst lässt sich doch prächtig für den Wahlkampf nützen, hat man sich in der CDU gedacht und dort das größte Wahlkampfplakat aufgehängt, das je in Deutschland gezeigt wurde.

Auf 70 mal 20 Metern ist nicht einmal mehr CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel zu sehen, sondern nur noch ihre Hände - geformt zur mittlerweile legendären "Merkel-Raute". Daneben hängt noch ein Plakat (20 mal 50 Meter), darauf steht: "Deutschlands Zukunft in guten Händen". Das Plakat hängt strategisch geschickt, es sehen nicht nur zehntausende Reisende, die täglich am Bahnhof ein- und ausgehen. Auch wer mit der S-Bahn oder dem ICE daran vorbeifährt, kann ihm nicht entkommen.

Lange Zeit war Merkel für diese Raute verspottet worden. Im Internet kursierten unzählige Bilder zur ewig gleichen Handhaltung: beide Daumen vor dem Bauch aneinandergepresst, Spitzen der ringlosen Finger zusammen.

Im Mai nahm Merkel selbst dazu Stellung und erklärte, wie es zu ihrer Handhaltung kam. Zu Beginn ihrer Karriere sei sie unsicher gewesen, welche Haltung wohl die beste sei. "Es war immer die Frage, wohin mit den Armen. Und daraus ist das entstanden." Sogar den vielen Deutungen (Mitte, Bauch, Pflug, Eisbrecher, Vagina) fügte sie eine hinzu: "Vielleicht eine gewisse Liebe zur Symmetrie."

Mittlerweile ist die Merkel-Raute in der CDU Kult. Die Seite studenten-fuer-merkel.de lädt dazu ein, in eigener Merkel-Pose für die Kanzlerin zu werben. Auch sonst wird viel über die "Raute der Macht" diskutiert, natürlich nicht nur wohlwollend. Über "monströs inhaltsleeren Personenkult" klagt Berlins SPD-Landeschef Jan Stöß. Vermutlich ist er auch ein bisschen neidisch, weil selbst bei größtem Bemühen um Kreativität kein Körperteil von SPD-Chef Peer Steinbrück so groß plakatiert werden könnte.

Überhaupt hat die Berliner SPD das mit den Wahlplakaten zu Beginn des Wahlkampfs nicht so gut hinbekommen. Im nobleren Bezirk Zehlendorf klebte man einfach sieben Jahre alte Plakate von Bürgermeister Klaus Wowereit - obwohl der bei der Bundestagswahl am 22. September gar nicht zur Wahl steht. Und bei den Berliner Grünen, die die überdimensionale Merkel natürlich auch für entbehrlich halten, hat zunächst der Regen viele Öko-Plakate aufgeweicht.

Auch im Internet machen sich viele über das Merkel-Rauten-Plakat lustig und verweisen darauf, dass es dem Personenkult in weniger demokratischen Staaten durchaus gerecht werde.

Gelernt ist gelernt. #Merkel #btw13 #cdu pic.twitter.com/3Vth68MT8e

— Friedemann Weise (@FriedemannWeise) September 3, 2013

Der Berliner "Tagesspiegel" bringt Kurt Tucholskys Verse "Mutterns Hände" von 1929 ins Spiel. Diese allerdings taugen kaum für den Wahlkampf, denn darin heißt es: "Heiß warn se un kalt. Nu sind se alt. Nu bist du bald am Ende." (Birgit Baumann, derStandard.at, 5.9.2013)