Warschau - Unter dem ehemaligen Warschauer Ghetto sollen zahlreiche Archivunterlagen der jüdischen Arbeiterbewegung vergraben sein. Historiker, Vermessungsexperten und Archäologen halten es auch nach 70 Jahren für realistisch, sie zu finden. Bei einer Diskussion am Mittwochabend zeigten sich Vertreter des Jüdischen Historischen Instituts zuversichtlich, in einem Park im Zentrum der polnischen Hauptstadt fündig zu werden. Bei den gesuchten Unterlagen handelt es sich um das Archiv der jüdischen Arbeiterbewegung "Bund" der Kriegs- und Vorkriegszeit.

Marek Edelman, der 2009 verstorbene letzte Anführer des Warschauer Ghetto-Aufstands und Mitarbeiter beim "Bund", hatte das Archivmaterial kurz vor Beginn des Ghetto-Aufstands im Frühjahr 1943 vergraben. Es enthält vermutlich unter anderem Unterlagen über die Zusammenarbeit mit der polnischen Widerstandsbewegung.

"Die Arbeit des Bundes war ungeheuer wichtig, weil seine Mitarbeiter Berichte über die Lage der polnischen Juden an die polnische (Exil-)Regierung in London schicken konnten", sagte die Historikerin Eleonora Bergman. Für das Jüdische Historische Institut wäre der Fund des Ghetto-Archivs von enormer Bedeutung.

Der Archäologe Zbigniew Polak ist überzeugt, dass mit Hilfe von Geodäten die Lokalisierung der Unterlagen möglich sei. Da die nationalsozialistischen Besatzer das Ghetto nach der Niederschlagung des Aufstands völlig zerstörten, existieren die damaligen Straßen heute nicht mehr. Mit Hilfe von historischen Aufnahmen könnten die Fundamente dennoch gesichtet werden, sagte der Geodät Jacek Uchanski. (APA/red, derStandard.at, 5.9.2013)