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Nach einem operativen Eingriff setzt die Blutzuckernormalisierung in vielen Fällen schon innerhalb weniger Tage ein.

Nürnberg – Fettleibigen Menschen hilft oft nur eine Magenoperation, um ihr Übergewicht zu reduzieren. Studien zeigen, dass Betroffene nach dem Eingriff nicht nur an Gewicht verlieren, sondern dass sich dadurch auch ein bestehender Typ-2-Diabetes mellitus bessert. Dieser positive Effekt zeigt sich jedoch nicht nur bei stark fettleibigen Diabetikern, sondern auch bei weniger Übergewichtigen, so ein Experte im Vorfeld des Kongresses "Viszeralmedizin 2013". Gemäß einer neuen Europäischen Leitlinie ist die metabolische Chirurgie bereits für übergewichtige Diabetiker mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30 eine Option.

In einer schwedischen Langzeitstudie an über 4000 Patienten, dem "Swedish Obese Subjects trial (SOS)", zeigt sich, dass bei 72 Prozent der übergewichtigen Diabetiker die Stoffwechselerkrankung zwei Jahre nach der Operation vollständig oder teilweise zurückgegangen war. In vielen Fällen normalisierte sich der Blutzucker schon wenige Tage nach dem Eingriff, noch bevor die Gewichtsabnahme einsetzte.

"SOS und weitere Studien deuten außerdem darauf hin, dass sich die Operation auch auf andere Folgeerkrankungen des Übergewichts günstig auswirkt - auch Blutdruck und Fettstoffwechsel normalisieren sich dadurch in vielen Fällen", erklärt Rudolf Weiner, Leiter der Chirurgischen Klinik des Krankenhauses Sachsenhausen in Frankfurt am Main und Vorsitzender der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie und metabolische Chirurgie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV).

Für die bariatrische Chirurgie kommen Mernschen mit einem BMI von 35 und mehr infrage. "Hierzulande liegt der Fokus bei der Indikationsstellung immer noch auf einem sehr hohen BMI", sagt Weiner. Dabei könnten auch mäßig adipöse Menschen, die an Diabetes leiden, von chirurgischen Verfahren profitieren. Studien beweisen, dass die Magenoperation auch bei diesen Personen die Symptomatik der Erkrankung verbessert. 

Spätschäden verhindern

"Gerade für Betroffene, deren Diabetes medikamentös nur schwer zu kontrollieren oder aber mit Komplikationen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist, kann metabolische Chirurgie auch bei einem niedrigeren BMI eine Option sein", sagt Weiner. Dies legt auch die Europäische Leitlinie zur Indikation der metabolischen Chirurgie nahe, die aktuell veröffentlicht wird: Die European Association for Study of Obesity (EASO) und die International Federation for Surgery of Obesity and Metabolic Disorders (IFSO) sind sich einig, dass bereits Adipöse mit einem BMI ab 30 operiert werden können.

Auch das Studienzentrum der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Heidelberg forscht derzeit daran. Die Wissenschaftler gehen der Frage nach, ob eine Operation auch bei nur mäßig übergewichtigen Diabetikern, ab einem BMI von 25, den Blutzuckerspiegel und die Stoffwechselsituation normalisieren und vor allem Spätschäden des Diabetes verhindern kann.

Weiner, ab 2014 Präsident der International Federation for the Surgery of Obesity and Metabolic Disorders (IFSO), betont jedoch auch: "Ein solcher Eingriff ist keine Lifestyle-Operation, nach der die Patienten ihr früheres Leben unverändert fortsetzen können." In spezialisierten Zentren müsse deshalb sichergestellt sein, dass Patienten nach der Operation von Ernährungs- und Sportmedizinern sowie Psychologen betreut werden. (red, derStandard.at, 6.9.2013)