Zu den Möglichkeiten und Grenzen sozialen Unternehmertums: (v. li.) Andreas Tschas (pioneers.io), STANDARD-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann, Christian Horak (Contrast), Sozialunternehmerin Katharina Norden (Three Coins), Sozialunternehmer Claus Candussi (atempo), Olivia Rauscher (WU).

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"Armut in Österreich ist eine Schande. Dagegen muss man permanent etwas tun", so Michael Meyer, Vorstand des Non-Profit-Kompetenzzentrums (NPO) an der Wirtschaftsuni Wien (WU) programmatisch und imperativisch. Angesagt seien aber weder "Katastrophismus" noch besänftigende Relationen zu Armut in Entwicklungsländern. Genau darum geht es im Jahr sieben im Projekt "Ideen gegen Armut", bei dem Coca-Cola über 80.000 Euro Anschubfinanzierung bereitstellt, um sozial innovative Ideen zur "Marktreife" zu bringen, und zu dem die WU Know-how sowie der STANDARD mediale Unterstützung beitragen.

Die Finalisten werden jeweils zu einem Wochenend-Workshop nach Stegersbach geladen, um dort ihre Projekte zu schärfen, Businesspläne zu optimieren, sich mit etablierten Sozialunternehmern und miteinander auszutauschen und zu vernetzen.

Heuer gab es an diesem Arbeitswochenende auch eine Podiumsdiskussion zu den brennendsten Fragen der Sozialunternehmer. Grundsätzlich: Mit betriebswirtschaftlicher Herangehensweise gesellschaftliche, soziale, ökologische Probleme lösen - dies nicht mit dem Ziel der Gewinnoptimierung, sondern zur Wirkungsmaximierung, so definiert Olivia Rauscher, Researcherin am NPO-Kompetenzzentrum soziales Unternehmertum.

"Eigentlich alle Sozialunternehmer"

Warum sie sich beruflich ganz diesem Thema verschreibt? Weil sie mithelfen wolle, wegzukommen vom Leistungsdenken und hin zum Wirkungsdenken. Dass mittlerweile "eigentlich alle Sozialunternehmer" seien, wirft Christian Horak, Geschäftsführer des NPO-Beratungsspezialisten Contrast ein, um die Herausforderungen bei der Positionierung zu verdeutlichen: Non-Profit-Unternehmen würden heute zu Recht sagen, sie hätten Managementwerkzeug integriert, seien daher Sozialunternehmer. Die klassische Wirtschaft argumentiere Selbiges mit dem "Shared Value"-Ansatz, also dass gesellschaftliche Positionierung wichtig sei, um strategisch gesamthaft erfolgreich sein zu können. Familienunternehmen nehmen soziale Verantwortung sowieso für sich in Anspruch. Wer ist nun also gut - und vor allem: Wer ist förderwürdig und kommt an die monetären Ressourcen? Das mache auch der öffentlichen Hand Probleme, konstatiert Horak, der Geldverknappung aus diesen Quellen und steigende Bedeutung alternativer Finanzierungsformen prognostiziert.

Allerdings seine Warnung: Erfolgskriterium als sozialer Unternehmer sei zuallererst eine klare Mission, ein klarer Auftrag. "Alles andere kommt dann als wichtiges Beiwerk." Claus Candussi mit seinen Unternehmen mit und für Behinderte konnte da aus jahrzehntelanger Erfahrung zustimmen. Apropos Wirkung: Der Trend zum Messen der Wirkung schreite voran, so alle Experten - auch, um sich Investoren kommunizierbar zu machen. Dass nicht alles Wirkungsvolle gemessen werden könnte, wurde aber auch eingeräumt. Standard-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann, der lange Kommunikationschef der Caritas war: "Wir sollten uns auch verabschieden von der Traumwelt, dass im sozialen Bereich gleich jeder investierte Euro zwei Euro Wirksamkeit bringen muss." Es dürfe - und müsse wohl im Sinne von Innovationsprojekten - auch etwas schiefgehen können.

"Es prickelt da richtig in Wien"

Andreas Tschas, Gründer der Start-up-Plattform Pioneers, versprühte Optimismus für einen Trend zu Gründungen von Sozialunternehmen, brachte die wachsende Zahl an Co-Working-Spaces (Bürogemeinschaften) und Innovations-Hubs ins Spiel: "Es prickelt da richtig in Wien." Ein schlichter Rat der Praktiker? "Die Leidenschaft pflegen, durchhalten, Gleichgesinnte suchen." (Karin Bauer, DER STANDARD, 7./8.9.2013)