STANDARD: Sie werden am Samstag 64 Jahre alt. Die meisten Männer in Ihrem Alter sind bereits in Pension oder Altersteilzeit. Wie schaut es bei Ihnen aus?

Häupl: Das ist kein Thema für mich, und als Politiker kann man nicht schleifend in Pension gehen.

STANDARD: Im Österreichschnitt gehen bei ASVG-Versicherten Männer mit 59,2, Frauen mit 57,2 Jahren in Pension. Können Sie das nachvollziehen?

Häupl: Wir bemühen uns in der Stadt Wien, sowohl bei den Vertragsbediensteten als auch bei den Beamten das reale Pensionsantrittsalter an das gesetzliche Pensionsantrittsalter heranzuführen. Das scheint mir ein vernünftiger und humaner Weg zu sein.

STANDARD: 2050 wird es in Österreich eine Million über 80-Jährige geben. Schon ab 2014 wird jeder vierte Steuereuro laut Rechnungshof ein Zuschuss für die Pensionen sein. Ist die aktuelle Politik nicht gefordert, hier nachhaltige Maßnahmen zu setzen?

Häupl: Wir haben ein Umlagensystem, das ist das beste Pensionssystem der Welt. Wir alle wissen, dass viele der fondsfinanzierten Pensionssysteme krachen gegangen sind.

STANDARD: Leidtragende sind trotzdem die jungen Menschen, die nur einen Bruchteil der Bezüge erhalten werden.

Häupl: Wer sagt denn das? Das ist eine Propagandageschichte, die herumgeistert. Wir müssen schauen, dass wir hinreichend Menschen in Arbeit haben und die Wirtschaft brummt. Dann funktioniert auch das Umlagensystem.

STANDARD: Aber der demografischen Entwicklung kann man sich nicht verschließen.

Häupl: Dieser verschließt sich ja kein Mensch. Ich danke unserem Gesundheitssystem und den Leuten, die das entsprechend finanzieren, dass wir immer älter werden. Ich bin gleich doppelt dankbar, nachdem Sie auf meinen Geburtstag angespielt haben.

STANDARD: "Wahlkampf ist die Zeit fokussierter Unintelligenz." Mit dieser Aussage ließen Sie 2006 aufhorchen. Wie äußert sich das im aktuellen Wahlkampf?

Häupl: Ich bin Teil dieses Wahlkampfes und damit auch Teil der fokussierten Unintelligenz. Wenn ich mir verschiedene Aussagen, die im Wahlkampf getätigt werden, ansehe, dann habe ich das Gefühl, so falsch war das nicht, was ich vor vielen Jahren gesagt habe. Wenn man auf Plakaten verspricht, was man garantiert nicht halten kann, wie zum Beispiel das Kürzen der EU-Beiträge.

STANDARD: Die Neugestaltung der Mariahilfer Straße hat es zum Wahlkampfthema geschafft. Sind Sie mit dieser Aufregung zufrieden?

Häupl: Ich sehe die Aufregung in einzelnen Medien. Aber ich weiß, dass es einiges an Unzufriedenheiten gibt.

STANDARD: Sie haben fehlende Querungen, den Bus und Radfahrer als Probleme ausgemacht. Um diese zu lösen, haben Sie Vizebürgermeisterin Vassilakou ein Ultimatum gestellt. Warum haben Sie es verstreichen lassen?

Häupl: Ich habe kein Ultimatum gesetzt. Ich habe festgestellt, dass man das zeitnah umsetzen muss. Ich habe von zwei Wochen gesprochen, na gut, sollen es vier sein, auch egal.

STANDARD: Wieso haben Sie Ihre Forderung zurückgenommen?

Häupl: Sie haben einen scharfen Blick fürs Unwesentliche. Es geht um eine vernünftige Lösung. Qualität geht dabei aber vor Geschwindigkeit.

STANDARD: Querungen waren im Ursprungskonzept der Grünen vorgesehen, dann wurden Sie verworfen, jetzt treten Sie wieder für Verbindungsstraßen ein. Warum dieser Zickzackkurs?

Häupl: Das weiß ich nicht, ich bin nicht Planungsstadtrat. Ich habe mich von Anfang an zum Projekt bekannt. Egal: Ich orte in drei Punkten Probleme. Die werden wir lösen.

STANDARD: Können Sie dafür eine Zeitperiode nennen?

Häupl: Nein.

STANDARD: In Graz hat VP-Bürgermeister Siegfried Nagl den Grünen die Koalition 2012 nach Querelen aufgekündigt. Ist das auch in Wien denkbar?

Häupl: Ich habe einen Vertrag für fünf Jahre geschlossen, ich bin vertragstreu. Sie glauben ja nicht im Ernst, dass ich wegen einer Fußgängerzone den Koalitionspakt aufkündige. Das ist ja absurd.

STANDARD: Würden Sie eine Beteiligung der Grünen auf Bundesebene empfehlen?

Häupl: Ich werbe für die SPÖ und nicht für eine Koalition.

STANDARD: Wie äußern Sie sich zu einer Koalition mit Stronach?

Häupl: Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit einer Partei koalieren kann, die so dezidiert antieuropäisch ist. Mit der FPÖ nicht zu regieren ist nicht nur eine politische Frage, sondern auch eine Frage des Anstands. Mit Stronach kann ich es mir aus inhaltlichen Gründen nicht vorstellen.

STANDARD: Das heißt, es bleibt wieder die große Koalition als einzige Alternative?

Häupl: Ich verstehe schon, dass man vom Standpunkt des permanenten Entertainments mit der Regierung nicht ganz so zufrieden ist. Ich sage auf der anderen Seite: Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit in ganz Europa, wir haben immer noch ein Wachstum. Ganz falsch kann es die Regierung nicht gemacht haben.

STANDARD: Wie würden Sie zu einer Dreierkoalition stehen?

Häupl: Das wäre nichts, das mein Glück auslösen würde. Aber dazu ist Politik auch nicht da.

STANDARD: Sie sind bekannt dafür, gegen Ende des Wahlkampfs Forderungen aufzustellen. Etwa bei der Wien-Wahl 2010, als Sie eine Abstimmung über das Ende der Wehrpflicht forderten. Was können die Wähler diesmal erwarten?

Häupl: Bei einer Bundeswahl hat man sich als Landesparteivorsitzender einer gewissen Disziplin zu unterwerfen. Für mich ist Loyalität kein Fremdwort. Ich mache keine Alleingänge, dafür sind andere zuständig, in anderen Parteien.

STANDARD: Sie sind Wiens längstdienender Bürgermeister. Was kommt nach Michael Häupl?

Häupl: Michael Häupl.

STANDARD: Sie werden noch einmal kandidieren?

Häupl: Ja, das würde es mit sich bringen.

STANDARD: Wien rühmt sich, eine Sportstadt internationalen Formats zu sein. Würden Sie sich das noch zu plakatieren getrauen?

Häupl: Selbstverständlich. Wir wissen sehr gut, wo wir Defizite haben. Diese beheben wir mit den neuen Trainingszentren für Leichtathletik und Schwimmen.

STANDARD: Dennoch mangelt es an Sportstätten. Das Happel-Stadion ist für Fußball-Europacup-Endspiele unbrauchbar. Selbst im sanierten Leichtathletik-Zentrum können keine internationalen Meetings stattfinden.

Häupl: Brauchen Sie auch nicht. Das ist eine Trainingsstätte. Wettkämpfe kann man ohne weiteres im Happel-Stadion ausrichten.

STANDARD: Trainer dementieren das: Die Laufbahn sei kaputt.

Häupl: Das wäre mir neu. Ich werde mich schlaumachen.

STANDARD: Sie haben im März die Wienerinnen und Wiener über die Ausrichtung von Olympischen Sommerspielen abstimmen lassen. Die Antwort war ein deutliches Nein. Warum hat man vor der Befragung keine besseren Voraussetzungen geschaffen?

Häupl: Das haben wir vor der Bewerbung zur Fußball-EM auch nicht gemacht.

STANDARD: Im September 2011 hätte das Stadthallenbad eröffnet werden sollen. Jetzt ist es September 2013. Wird es noch eröffnet?

Häupl: Selbstverständlich. Ich hoffe, im nächsten Jahr. Wann genau, weiß ich nicht. (David Krutzler/Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 10.9.2013)