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Thomas Bach.

Foto: EPA/LAURENT GILLIERON

Einen brillanten Kopf und Wohltäter des Sports nennen ihn jene, die ihm wohlgesinnt sind. Kritiker nennen ihn einen berechnenden Karrieristen und Machtpolitiker. Sie alle dürfen Thomas Bach seit Dienstag mit "Herr Präsident" begrüßen, wobei die Zahl der Kritiker mit seiner Wahl zum IOC-Boss schlagartig abgenommen haben dürfte.

Als erster Deutscher ist Bach der neunte Mann an der Spitze des Internationalen Olympischen Komitees, das auf die erste Frau ganz oben wohl noch lange warten muss. Fortschritt und Gleichberechtigung zählen nicht zu den Kernkompetenzen der hohen Sportpolitik. Zudem wird Bachs erste Amtsperiode immerhin acht Jahre währen, und eine zweite, freilich nur vierjährige, könnte sich noch anhängen. Bach sieht sich als "Dirigent, der diesem Orchester dient".

Der 59-Jährige, der den 71-jährigen Belgier Jacques Rogge ablöst, ist am Höhepunkt einer langen, ehrgeizigen Reise angekommen. Auf die nun erlangte Position arbeitete der Magna-cum-laude-Jurist aus Tauberbischofsheim seit Jahrzehnten hin. "Ich habe mich auf diese Wahl wie als Athlet vorbereitet", sagte Bach bei der IOC-Session in Buenos Aires, wo er fünf Mitbewerber ausstechen konnte.

Intelligente Kampfführung zeichnete ihn schon aus, als er mit dem Florett antrat. 1976 in Montreal holte Bach Olympiagold mit dem Team, 1977 führte er die Deutschen zum WM-Titel und Claudia, eine Lehrerin, zum Altar. Den Boykott der Moskau-Spiele 1980 konnte er als Athletensprecher nicht verhindern. 1991 wurde er IOC-Mitglied, 2000 war er Vizepräsident. Bach, der Französisch, Englisch und Spanisch spricht, gilt als großer Diplomat. Über den IOC-Bestechungsskandal vor den Winterspielen 2002 (Salt Lake City) breitete er geschickt den Mantel des Schweigens.

Als Leiter der juristischen IOC-Kommission trat Bach als strikter Dopinggegner auf. In jüngerer Vergangenheit gab er sich verbindlich. Nur nicht anstreifen, nur nicht anecken, so mag die Devise gelautet haben. Dass der kuwaitische Scheich Ahmad al-Sabah, ein mächtiges IOC-Mitglied, vor der Wahl offen für Bach eintrat, sorgte in Buenos Aires für Aufregung. Bach saß und sitzt in Aufsichtsräten, etwa in jenem der Nürnberger Versicherung AG Österreich. Natürlich weiß er Kanzlerin und Kaiser hinter sich, Angela Merkel und Franz Beckenbauer loben Bach in den höchsten Tönen. Wo Wohltäter sind, fliegen Wohltäter zu. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 11.9.2013)