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Aneurysmen im Gehirn werden immer öfter Aneurysmata endovaskulär operiert. Der Eingriff erfordert auch "Augenmaß" des Arztes. Ein Wiener Start-up möchte mit 3-D-Berechnungen helfen.

Foto: REUTERS/Fabian Bimmer

Diagnose: Aneurysma im Gehirn. Etwa 1700 Ersteingriffe gibt es in Österreich pro Jahr nach diesem Befund. Knapp der Hälfte der Fälle geht eine Gehirnblutung voraus, der größere Teil wird zufällig, etwa bei Routineuntersuchungen, entdeckt. Wenn möglich, werden diese beerenförmigen Missbildungen der Gefäße nicht am offenen Gehirn operiert, sondern durch Mikrokatheter, die über die Leistenarterie eingeführt werden. Mithilfe der kleinen Schläuche füllen die Chirurgen das Aneurysma mit sogenannten Coils auf, kleinen Spiralen aus Titan, die den Blutfluss verlangsamen und für Blutgerinnung sorgen. Das Gewebe vernarbt dadurch und die Gefahr des Platzens der Gefäßwand wird unterbunden. Etwa 70 Prozent der Ersteingriffe erfolgen auf diese Art, Tendenz steigend.

Aber auch die Operationsmethode mit Coils birgt Unsicherheiten. Der Arzt sollte bei dem Eingriff genau die richtige Anzahl an Spulen wählen. Stopft er zu wenige hinein, bleibt die Gefahr eines Platzens des Gefäßes bestehen. Zu viele könnten auch das ursprüngliche Gefäß verschließen, dann droht ein Gehirnschlag, erklärt Georg Mach. Der studierte Elektrotechniker und Wissenschafter der Zerebrovaskulären Forschungsgruppe Wien arbeitet an einer Software, die bei dem Problem helfen soll. Gemeinsam mit dem Wiener Neurochirurgen Camillo Sherif ist er dabei, das Start-up CVTec Cerebrovascular Technologies aufzubauen. Unterstützt werden sie dabei vom universitären Gründerservice Inits, einer Stelle von TU Wien, Uni Wien und der Wiener Technologieagentur Zit, finanziert vom Verkehrsministerium.

"Die Verschlussrate, also zu wie viel Prozent die Gefäßmissbildung mit der Spule verstopft ist, ist der einzige wissenschaftlich bewiesene Erfolgsparameter", erklärt Mach. "Sie sollte über 90 Prozent liegen." Bis jetzt stehen bei den Operationen zweidimensionale Bilder des Aneurysmas zur Verfügung. Auf ihrer Basis müssen die Ärzte schätzen, wie viel Raum die Spulen in der Ausbuchtung bereits ausfüllen. Was "ziemlich schwierig" ist, sagt Mach: Auf den 2-D-Ansichten könne etwa relevante Information verdeckt sein.

Aneurysma in 3-D

Machs Lösung für das Problem: Er lässt den Computer aus mehreren zweidimensionalen Bildern ein dreidimensionales errechnen, aus dem die Verschlussrate leicht ableitbar ist. Auf dem Monitor, auf dem alle Bilder und Informationen zur Operation für den Arzt zusammenkommen, werde dann auch laufend eine Prozentzahl eingeblendet, die etwa angibt: Das Aneurysma ist jetzt zu 89 Prozent aufgefüllt. In die größeren der Ausbuchtungen können auch 20 oder 30 Coils hineinpassen, erklärt Mach. Die Spulen, die zwischen ein und fünf Zentimeter lang sind, verbleiben nach der Operation im Körper. Das Titan, aus dem sie gefertigt sind, reagiert nicht mit dem Gewebe.

Ausgangsmaterial für das Errechnen der 3-D-Ansichten sind die Bilder einer Angiographie-Anlage, die auch die Information mitliefert, aus welcher Richtung sie aufgenommen werden. Die große Schwierigkeit bei der Entwicklung des Programms ist, dass das Aneurysma auf jeden der Bilder automatisch erkannt werden muss, erklärt Mach.

In der Testphase

Die Entwickler testen ihre Software zurzeit anhand von Bildern tatsächlicher Patienten, allerdings noch nicht während, sondern nach den Operationen. Wenn Mach und Kollegen mit der Genauigkeit zufrieden sind, wird es eine Studie am Patienten geben - voraussichtlich im nächsten Jahr. Die Ärzte sollen die errechnete Verschlussrate dann als zusätzliche Information verstehen, ergänzend zur ihrer Schätzung, sagt Mach.

Marktreif und nach dem Medizinproduktegesetzt zertifiziert soll die Software Ende 2014 sein. Die Entwickler planen allerdings nicht, ihr Produkt als Softwarepaket zu verkaufen. Der Einsatz soll pro Anwendung abgerechnet werden. Der Preis werde laut Mach etwa bei fünf Prozent der Materialkosten der Operation liegen. Dank teurer Titanspulen - sie kosten in Österreich ca. 500 Euro - liegen diese oft bei etwa 35.000 Euro. (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 11.9.2013)