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Medienvertreter verfolgen die Obama-Rede im Brady Briefing Room des Weißen Hauses

Foto: EPA/MICHAEL REYNOLDS

Die zur besten Sendezeit am Dienstagabend übertragene Ansprache des US-Präsidenten Barack Obama dürfte die bisher größte Herausforderung für seine Redenschreiber gewesen sein: Sie wurde bereits vor einer Woche angekündigt, als noch alle Zeichen auf einen unmittelbar bevorstehenden Angriff auf Syrien standen.

Dann kam der G-20-Gipfel und die diplomatische Initiative Russlands, die erreichen soll, dass der syrische Präsident Bashar al-Assad seine Chemiewaffenbestände der internationalen Gemeinschaft übergibt. Syrien erklärte sich bereit, wie 189 andere Staaten die 1992 verabschiedete Chemiewaffenkonvention zu unterzeichnen.

Chance für Diplomatie

Die Rahmenbedingungen der Obama-Rede hatten sich also in nur einer Woche völlig verändert. Ursprünglich hätte die Ansprache die US-Bevölkerung und die Abgeordneten zur Unterstützung eines Militärschlags bewegen sollen, nun ersuchte Obama den Kongress, die Abstimmung zu verschieben. Zuerst wolle man der Diplomatie noch eine Chance geben.

Nur falls diese Bemühungen erfolglos bleiben, sollte  ein limitierter Angriff Assad dazu bewegen, in Zukunft auf den Einsatz von Chemiewaffen zu verzichten. Dass hinter dem Angriff auf die Vorstädte von Damaskus in der Nacht auf den 21. August die syrische Armee steht, ist für Obama unbestreitbar: "Wir wissen, dass seine Chemiewaffeneinheiten sich in den Tagen vor dem 21. August in der Nähe einer Anlage, wo Sarin-Gas gemischt wird, auf den Angriff vorbereitet haben. Sie haben Gasmasken an ihre Truppen ausgegeben und dann Raketen auf elf Stadtteile abgefeuert."

Keine mehrwöchigen Luftangriffe

Wie er sich diesen begrenzten Militärschlag vorstellt, führte der Präsident nicht näher aus. Jedenfalls solle er nicht auf einen jahrelangen Krieg wie im Irak und in Afghanistan hinauslaufen. Andererseits wolle er aber auch kein mehrwöchiges Bombardement wie in Libyen oder zuvor im Kosovo anordnen. Ein "gezielter Schlag, um ein klares Ziel zu erreichen", soll es Obama zufolge werden.

In seiner Rede versprach Obama der nach den umstrittenen Angriffen auf Afghanistan und den Irak kriegsmüden US-Bevölkerung, dass seine Syrien-Politik keinesfalls auf einen neuen Krieg hinauslaufen werde. Er sicherte erneut zu, dass keine US-Truppen auf syrischem Boden zum Einsatz kommen würden. Nichts Neues also, und auch keine konkreten Aussagen dazu, welche Position die USA, die laut Obama "nicht der Weltpolizist" sind, im syrischen Bürgerkrieg einnehmen.

Bürgerkrieg stärkt Islamisten

Obama räumte ein, dass manche Assad-Gegner Extremisten seien. Wenn die Weltgemeinschaft aber tatenlos zusehe, wie Zivilisten vergast werden, mache dies Gruppen wie Al-Kaida nur stärker. Der Großteil der syrischen Bevölkerung und die syrische Opposition, mit der die USA zusammenarbeiten, wolle lediglich in Frieden leben.

Obamas russischer Amtskollege Wladimir Putin argumentierte am Dienstag, dass es kaum möglich sein werde, Syriens Regierung zur Aufgabe ihres  Chemiewaffenarsenals zu bewegen, wenn diese mit einem unmittelbar bevorstehenden Angriff rechnen müsse.

Der US-Präsident ist der gegenteiligen Ansicht: Erst die Drohungen mit einem Militärschlag hätten Assad zum Einlenken gebracht.

Eine Expressumfrage des Fernsehsenders CNN unmittelbar nach der Obama-Rede ergab, dass 50 Prozent der Befragten gegen eine Militärintervention sind, 47 Prozent sagten, der Präsident habe sie mit seinem Plädoyer für einen Angriff auf Syrien überzeugt. (bed, derStandard.at, 11.9.2013)