Bild nicht mehr verfügbar.

Wrabetz zum Publikumsrat: "Wir bevorzugen weder SPÖ, ÖVP oder eine andere Partei."

Foto: APA/Jaeger

Ausgiebig stritten die Publikumsräte des ORF am Mittwoch, ob und wie der ORF Konsequenzen aus seinem aufwändigen Qualitätsmonitoring dokumentieren soll. Andreas Kratschmar (ÖVP) forderte einen jährlichen Bericht über die Umsetzung von Erkenntnissen daraus; Vorsitzender Hans Preinfalk (SPÖ) würde in dem "sehr aufwändigen System" lieber "die Schraube nicht weiterdrehen". Kratschmar verwies in der Sitzung auch auf Ergebnisse des aktuellen Monitorings, wie unabhängig der ORF gesehen werde.

Das aktuelle ORF-Qualitätsmonitoring bestätige die Kritik an mangelnder Unabhängigkeit, erklärt Kratschmar. In einer SORA-Erhebung wurde wieder gefragt, für wie wichtig das Publikum bestimmte Qualitätsmerkmale hält – und wie zufrieden es mit deren Umsetzung ist.

Er zitiert ORF-Qualitätsforscher etwa mit: "Optimierungspotenzial sieht das Publikum generell in der Stärkung der politischen Unabhängigkeit." Und: "Politische Unabhängigkeit respektive Neutralität wird vom teilnehmenden Publikum auch als einer der Hauptwünsche an den ORF für die Zukunft postuliert; eine ausgewogene, unparteiische politische Berichterstattung, neutrale Information ohne Bewertung."

Wrabetz glaubt solchen Umfragen freilich nicht. "Unabhängigkeit und Objektivität sind etwas sehr Subjektives, ein Spiegelbild der öffentlichen Diskussion." Wenn von verschiedenen Medien verbreitet werde, der ORF würde die SPÖ bevorzugen, dann sorge dies für ein entsprechendes Image. "Wahr ist aber: "Wir bevorzugen weder SPÖ, ÖVP oder eine andere Partei, und wir sind in diesem Wahlkampf extrem um Objektivität bemüht. Alle wahlwerbenden Parteien beschweren sich gleich. Das zeigt, dass wir insgesamt einen klaren und objektiven Kurs fahren."

Die Forscher erhoben heuer auch den Abstand zwischen Wahrnehmung und Wunsch an den ORF, also den Unterschied zwischen der (wahrgenommenen) Erfüllung eines öffentlichen-rechtlichen "Mehrwerts" und seiner notwendigen Stärkung ("Bitte bewerten Sie, inwieweit die folgenden Maßnahmen dazu geeignet wären, den öffentlich-rechtlichen Mehrwert des ORF-Informationsangebots zu stärken bzw. inwieweit diese öffentlich-rechtlichen Mehrwerte bereits im Informationsprogramm des ORF erfüllt sind"). Ergebnis laut Kratschmar: "Das größte Delta besteht bei 'Unabhängigkeit gegenüber politischen und wirtschaftlichen Interessen' (Eignung gesamt: 1,8; Erfüllung gesamt: 3,1; Delta: -1,3).

Die Differenz wurde auch bei der Unterhaltung errechnet: Ergebnis laut Kratschmar: "Das größte Delta besteht bei 'Innovation und Experimentierfreude'" - Eignung gesamt: 1,7; Erfüllung gesamt: 2,9; Delta -1,2.

Im diesjährigen ORF-Qualitätsmonitoring wurden Religion und Kultur schwerpunktmäßig untersucht nach der Information im vorigen Jahr. Kratschmar vergleicht die Ergebnisse für Religion/Kultur und Information und kommt zum Schluss: "Die ORF-Religion berichtet neutraler als die ORF-Information." Begründung: Für 57 Prozent ist es wichtig, dass der ORF im Bereich Religion und Kultur neutral berichtet. Und 71 Prozent sagen, dass er das auch tut. Bei der ORF-Information sagten im Vorjahr 76 Prozent, dass es wichtig ist, dass der ORF neutral berichtet, aber nur 32 Prozent sehen dies auch erfüllt."

Medienbehörde soll sich an ORF halten

Publikumsratsvorsitzender Preinfalk sieht das ORF-eigene Qualitätsmonitoring übrigens also so "unumstritten eine der besten methodischen Lösungen in Europa", dass sich doch auch die Medienbehörde daran orientieren sollte: Es gelte "sicherzustellen, dass die Behörden ähnliche Maßstäbe anlegen". Medienbehörde und Bundeskommunikationssenat (jedenfalls bis zum Start von ORF 3) definierten ORF 1 und ORF 2 als zuwenig ausgewogen und daher gesetzwidrig. (red, derStandard.at, 11.9.2013)