"Ein Hammer": M. Sieghart über die Oper "Schatzgräber".

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Linz - Er war im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts mit seinen Opern Der ferne Klang (1912), Die Gezeichneten (1918) und Der Schatzgräber (1920) zum zeitweise meistgespielten Opernkomponisten im deutschsprachigen Raum avanciert: Franz Schreker. Der Sohn eines Budapester k. u. k. Hoffotografen, 1878 in Monaco geboren, wuchs in bitterer Armut in Wien auf und arbeitete sich hier nach oben: Schreker gründete den Wiener Philharmonischen Chor und unterrichtet ab 1912 Komposition an der Wiener Akademie; 1920 wechselte er nach Berlin als Direktor der Musikakademie. Dort starb er auch im März 1934; die Nationalsozialisten hatten ihn aufgrund der jüdischen Herkunft seines Vaters und der "sexuellen Verirrungen", die in seinen Opern zum Thema gemacht wurden, von den Bühnen verbannt.

Warum hat es nach 1945 nie eine richtige Renaissance des stilistisch doch sehr bekömmlichen Komponisten gegeben? "Ich weiß es nicht", sagt Martin Sieghart, Dirigent und Mitinitiator der Produktion von Schrekers Der Schatzgräber, die am 12. September in der Linzer Tabakfabrik als Kooperation mit dem Brucknerfest ihre Premiere erleben wird. Philipp Harnoncourt wird Regie führen, Susanne Thomasberger die Ausstattung verantworten - für ein seinerzeit ungeheuer erfolgreiches Werk, welches in Österreich nach 1945 szenisch aber noch nie zu erleben war. "Das finde ich den eigentlichen Skandal", meint der ehemalige Chefdirigent der Linzer Oper, "dass man nie gesagt hat: Das ist doch eine gute Musik, setzten wir das doch an."

Sieghart beschreibt die Musik als jener von Richard Strauss ähnlich, als weniger melodieselig, doch von größerer Tiefe. Die beiden Hauptpartien verlangten den Sängern alles ab, die Taktwechsel machten die Sache auch nicht leichter: "Ein Hammer", so der Leiter der Dirigentenausbildung der Grazer Musikuniversität. In Linz wird das Werk in einer von Werner Steinmetz erstellten Fassung für Kammerorchester zu hören sein - "eine Wahnsinnsarbeit". Steinmetz habe sich dabei an Schrekers Kammersymphonie und Strauss' Ariadne auf Naxos orientiert und operiere zu doppelt besetzten Streichern und einfach besetzten Bläsern mit Harmonium, Klavier und Celesta.

Ideale Akustik und Festpläne

Diese Fassung wird vom Israel Chamber Orchestra interpretiert: Sieghart arbeitete mit dem Orchester als Gastdirigent und fragte einfach mal, ob Interesse bestünde - es bestand. Ein Problem ergab sich lediglich daraus, dass am 14. 9. Jom Kippur gefeiert wird - aber da beginnt man dann eben einfach erst um halb 10 und macht danach noch gleich ein Fest "mit Schmankerln aus Israel". Fest und Aufführung finden im Quadrom der Tabakfabrik statt, dessen Akustik ein konsultierter Experte für ideal befunden hat. Auch dank der Vorhänge der Ausstellung Mythos Porsche, welche die Autofirma den Opernveranstaltern netterweise überlassen hat.

Zusätzlich zur Produktion des Schatzgräbers gibt es noch eine Ausstellung über "entartete Musik" im NS-Staat, "Das verdächtige Saxophon", einen kammermusikalischen Nachmittag mit "Verbotenen Klängen" und ein Konzert mit Podiumsdiskussion zur Frage "Kann Musik entartet sein?". Initiiert wurde dies vom Opernprojekt EntArteOpera, das im vergangenen Jahr von Sieghart und Thomasberger in der Absicht geründet wurde, in Vergessenheit geratene Werke sogenannter "Entarteter Musik" zur Aufführung zu bringen. Ein Projekt, das sowohl das Land Oberösterreich, der Zukunftsfonds der Republik Österreich als auch die Erste Nationalratspräsidentin, Barbara Prammer, für unterstützenswert betrachteten. Ein Folgeprojekt für 2014 ist fix, alles weitere "steht in den Sternen", meint Sieghart. Jetzt soll erst einmal ein Teil des versunkenen Opernschatzes von Franz Schreker gehoben werden. (Stefan Ender, DER STANDARD, 12.9.2013)