Arte-Doku "Zeitbombe Steuerflucht"

Foto: Arte France / Maha

Dienstagabend. Eine Gasse in Wien. Aus mehreren Lokalen dringen aufgeregte Männerstimmen. Fernsehgeräte laufen. Schauen die Leute etwa Arte? Da ist die französische Dokumentation "Zeitbombe Steuerflucht" von Xavier Harel zu sehen: Besuch im Pariser Geschäftsviertel La Defense: Multis wie Total zahlen keine oder kaum Steuern. Denen geht es gut (Jubel auf der Gasse).

Die Nichtsomulti-Steuerzahler gleichen die so entgangenen Staatseinnahmen aus (Protestlaute aus den Lokalen). Der französische Konzern Colgate-Palmolive, zwölf Milliarden US-Dollar Umsatz jährlich, hat seinen Firmensitz fiskalisch vorteilhaft in die Schweiz verlegt. Andere Multis machen's ähnlich. So entgehen Frankreich mehr als 30 Milliarden Euro jährlich. (Jubel draußen. Wie? Ach so, Fußball.) Und dann: Offshore-Firmen. Auf den Caiman Inseln steht ein vierstöckiges Gebäude, in dem 18.000 Unternehmen residieren, die ihre Profite woanders machen, dort aber keine Steuern zahlen. Delaware ist die hauseigene Steueroase der Amerikaner. Da gibt es ein eingeschoßiges Gebäude, in dem rund 285.000 Firmen registriert sind. Alle Eigner bleiben hier geheim. Das ist praktisch, wie man sich vorstellen kann. Geschätzter Verlust an Steuereinnahmen durch Hinterziehung in den USA: 100 Milliarden Dollar im Jahr.

In Banken der Schweiz, Europas Hinterziehungsgewinner, haben griechische Geldmenschen etwa 200 Milliarden Euro geparkt. Griechenland ist Europas Hinterziehungsverlierer. 21 bis 32 Billionen Dollar werden weltweit auf Steueroasen verborgen. Harels Doku ist gründlich recherchiert und spart nicht mit Ironie. Wiederholungen, auch für Fußballfans, am 14. und 24. September. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 12.9.2013)