Angesichts der aktuellen Plakataffären drängt sich der Verdacht auf, dass die Parteien die von ihnen erdachten Transparenzregeln selbst kaum durchblicken. Da ließ die SPÖ für das 1,5 Millionen teure Affichieren des Kanzlers den Klub aufkommen - was laut Experten einer verbotenen Zuwendung gleichkommt. Da vergessen die grünen Aufdecker bei ihren eigenen Plakaten ein Impressum anzugeben - was noch eine saftige Verwaltungsstrafe nach sich ziehen könnte. Und ähnliche Gedächtnislücken plagten offenbar auch die Zukunftsbündler, bevor sie ihre orangen Aushänge in Druck gehen ließen.

Lauter perfide Manöver, um die Wahlkampfkostenbeschränkung von sieben Millionen zu umgehen, die sich die Parteien erstmals auferlegt haben?

Wohl kaum - sonst hätten die Genossen nicht derart öffentlich ersichtlich den Geldgeber für die Bewerbung ihres Spitzenkandidaten preisgegeben. Vielmehr gewinnt man aber den Eindruck, dass hier erneut der alte Schlendrian im Umgang mit Spenden zugeschlagen hat, den man mit dem neuen Transparenzpaket beenden wollte. Mit einer einfachen Rückzahlung, wie der SPÖ-Vorsitzende hofft, wird die Angelegenheit jedenfalls nicht aus der Welt zu schaffen sein, denn über die Schwere von Vergehen befindet neuerdings ein eigener Senat.

Das Gesetzesdickicht, das die Politiker zum Teil selbst geschaffen haben, können Parteien mit großzügigen Geldgebern allerdings da und dort allzu leicht umgehen. Wegen der jüngsten Pleiten um die Plakate ruft Frank Stronachs Team zwar laut nach Aufklärung - der milliardenschwere Chef selbst will seiner Partei, wie er sagt, aber für die letzten Meter bis zur Wahl statt Spenden lieber private Darlehen zur Verfügung stellen. Dank einer Gesetzeslücke könnte man so die neuen Regeln für Spendenoffenlegungen umgehen, argwöhnen Korruptionsspezialisten - sofern man nicht vorhat, das geliehene Geld jemals zurückzuverlangen.

Solche Parteienfinanzierungspo­tenziale müssen nach der Wahl mit noch strengeren Deklarationspflichten schleunigst abgestellt werden. Ansonsten fragt sich das Wahlvolk zu Recht, ob nicht allzu viele in der Spitzenpolitik lieber der hohen Kunst des Geldverschiebens frönen anstatt bessere Konzepte für das Land zu ersinnen. Wie sehr die Kultur des Nehmens und Schweigens in diesem Land verbreitet war, offenbaren auch die ständig neuen Enthüllungen rund um hunderttausende Euro, die 2005 und 2006 offenbar ohne Meldung von Telekom, Lotterien wie auch Raiffeisen in Richtung ÖVP geflossen sind. 

Freilich könnte diese Art von Zuwendung juristisch bald härtere Konsequenzen haben als die Plakataffären, wenn im Gegenzug politische Gefälligkeiten erfolgt sind. Dann kann das so enden wie für einige orange, vormals blaue Funktionäre in den Telekom-Prozessen, die bereits zu strengen Urteilen geführt haben. Dort gerade auf der Aufklärungsagenda: Telekom-Zahlungen für den BZÖ-Wahlkampf 2006, die womöglich mit einer für das Unternehmen günstigen Gesetzesänderung quittiert wurden.

Zur Klarstellung für alle Wahlkämpfer, die trotz alledem die neuen Richtlinien für Großspenden noch immer nicht intus haben: Summen ab 50.000 Euro sind hierzulande nun schleunigst publik zu machen, Parteizuwendungen von öffentlichen Firmen ab einem Staatsanteil von 25 Prozent sind verboten. Wer sich nicht daran hält, wird zu Recht zur Rechenschaft gezogen. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 12.9.2013)