400 Euro kostet derzeit das günstigste iPhone von Apple in Österreich - und es kommt mit lächerlich geringen 8 Gigabyte Speicher. Daran hat sich auch seit dem Apple-Event am Dienstag nichts geändert. Das "Billig-iPhone" heißt seitdem iPhone 4S, davor war es der Vorgänger iPhone 4. Das neue iPhone 5C dagegen ist alles andere als billig: Mit einem Einstiegspreis von mindestens 600 Euro.
Dass die Apple-Welt aus der Kombination von iOS-Geräten und iTunes in Schwellenländern wie China etabliert wird, ist fundamental für Apples Erfolg, wenn Konsumenten dort in den kommenden Jahren noch wohlhabender werden und damit noch wichtiger für die globalen Absätze.
Natürlich muss Apple sein Luxusmarken-Image schützen - die im Vergleich zu sämtlichen anderen Smartphoneherstellern immer noch sehr hohen Margen sprechen für diese Strategie. Doch ein anderer Trend arbeitet gegen Apple. Es ist ein Trend, der in den 1980er Jahren schon bei PCs zu beobachten war: Smartphones sind zu einem Massenmarkt geworden.
Wie in den 1980er bei PCs war Apple bei den Smartphones der technische Pionier und die treibende Kraft für den Durchbruch der Geräteklasse. Doch schon damals wurde die Technik schnell von anderen aufgegriffen. In beiden Fällen leidet Apple unter dem schlichten Fakt, dass die meisten Konsumenten ein Spitzengerät weder brauchen noch bereit sind, dafür viel Geld auszugeben. Ein Gerät, das gut genug ist, reicht den meisten vollkommen aus - und die Android-Welt bietet eine massenhafte Auswahl in dieser Kategorie. Android ist längst das "Windows" der Smartphone-Welt geworden - und damit auch ein System, an dem kein App-Anbieter vorbeikommt.
Apple ist bei der Software nicht mehr Innovationsführer
Noch etwas anderes war zuletzt auffällig: Im Bereich des Softwaresystems ist Apple nicht mehr Innovationsführer. Vieles, was Apple mit iOS 7 eingeführt hat - wie beispielsweise ein Wecker, der die Verkehrslage miteinbezieht - kennen Android-Nutzer schon lange. Die Folge: Nicht nur Einsteiger- und Mittelklassen-Smartphones mit Android sind erfolgreich - auch Spitzen-Smartphones wie das S4 von Samsung verkaufen sich gut. Jahre lang hatte es Apple bei iPhone-Präsentationen gar nicht nötig, die Konkurrenz zu erwähnen - die zuletzt vermehrt auftretenden Sticheleien Richtung Android wirken jetzt fast verzweifelt.
Doch Apple hat auch Stärken: Viele Apps laufen auf dem iOS-System noch immer runder als auf den diversen Android-Geräten, weil die Apple-Welt definierte Hardware mit nur zwei verschiedenen Bildschirmauflösungen bietet, auf die Entwickler optimieren können. Und auch beim Thema Sicherheit macht Schadsoftware auf Android-Geräten Schlagzeilen, während Viren und Würmer beim iPhone so gut wie unbekannt sind.
Das Problem: Ähnliches galt für die Mac-Plattform im Vergleich zur PC-Plattform - und dennoch verlor die Mac-Plattform spätestens in den 1990er Jahren rasant Marktanteile, bis Apple 1997 an der Pleite vorbeischrammte. Der US-Konzern hatte es versäumt, die eigene Plattform außerhalb der eigenen Nische zu verbreiten, wodurch das gesamte Ökosystem aus Software und Geräten nach und nach an Bedeutung verlor.
Sicher, iOS hat heute einen deutlich höheren Marktanteil bei Smartphones und Tablets als es der Mac auf dem PC-Markt je hatte. Doch in vielen Schwellenländern sind Smartphones noch kaum verbreitet. Dort entstehen derzeit in Windeseile neue Hersteller wie das Pekinger Start-up Xiaomi, dessen Android-Smartphones in China zuletzt einen Marktanteil von 5 Prozent erreichten - ebenso viel wie Apple. Die Strategie: viel Hardware zum geringen Preis.
Schwellenländer werden die Karten neu mischen
Schon jetzt ist daher klar: Schwellenländer werden die Karten noch einmal neu mischen. Apple hat es am Mittwoch versäumt, eine Antwort auf diese Herausforderung zu liefern. Das iPhone 5C, das in China ohne Vertrag umgerechnet über 550 Euro kosten wird, ist sicher nicht die Antwort auf diese Herausforderung.
Mit einem deutlich günstigeren Mittelklasse-Gerät in Plastikschale, aber im selben Ökosystem wie der "große Bruder" hätte Apple sowohl das Premium-Image des Original-iPhones bewahren als auch seine Kundenbasis deutlich verbreitern können. Die geringere Marge hätte sich für Apple langfristig durch die Ausweitung der eigenen Plattform - inklusive Kunden, die vom Billig-Smartphone auf das teure iPhone umsteigen - vermutlich mehr als ausgezahlt. Diese Chance wurde verpasst: Stattdessen gibt es nun ein iPhone in billiger Plastikoptik, das nicht einmal billig ist. Das schadet dem Markenimage, ohne die Kundenbasis signifikant zu verbreitern. Die Anleger scheinen das zu ahnen, wie ein Blick auf die Kursreaktion zeigt. (Stephan Dörner, WSJ.de/derStandard.at, 12.9.2013)