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Der Burkini hat seinen Ursprung in Australien, wo junge Musliminnen keine Lust mehr hatten, mit vollgesogener Kleidung zu baden. Also erfanden sie einen passenden Badeanzug.

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Leipzig/Wien - Religiöse Motive reichen nicht aus, um in Deutschland vom Turn- oder Schwimmunterricht befreit zu werden. Auch jene 13-jährige Muslimin, die mittels Klage versucht hatte, ihre Glaubensauslegung durchzusetzen, muss künftig in einem Burkini schwimmen gehen. Das am Mittwochabend mit Spannung erwartete Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig hat weit über den Turnunterricht hinausgehende Bedeutung: Es stellt den Bildungsauftrag über die Religionsfreiheit.

Zuspruch der Muslime

Kenan Kolat, Vorsitzender der türkischen Gemeinde in Deutschland, begrüßt das "Burkini-Urteil" und hält die Entscheidung für weise. Das Gericht habe einen "hinnehmbaren Ausgleich" gefunden, sagte Kolat der Saarbrücker Tageszeitung. Schwimm- und Sportunterricht sei Teil des gesellschaftlichen Lebens, muslimische Kinder sollen daran teilhaben.

So sieht es auch Zekirija Sejdini, Sprecher der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich: "Was jeder Einzelne für ideal hält, ist nicht durchsetzbar in einer Gemeinschaft." In Österreich gebe es damit weniger Probleme als in Deutschland. Vor rund drei Jahren wurde das Tragen eines Burkini - eines Ganzkörperbadeanzugs mit Kapuze - in Bädern erlaubt. "Das war die Lösung, und es gibt keinen Konflikt mit der Schulpflicht", so Sejdini.

Richter Werner Neumann begründete die Entscheidung für Deutschland mit dem Kompromiss, den der Staat in dieser Frage finden müsse. Und der Kompromiss sei das Tragen eines Burkini für den gemischten Schwimmunterricht. Denn auch dagegen hatte das junge Mädchen aus Hessen geklagt: Sie wolle aus religiösen Gründen keine leicht bekleideten jungen Männer sehen. Der Anblick von männlichen Schülern in Badehosen beinträchtige nur "geringfügig" den Glauben, urteilte Richter Neumann. In der Werbung und im Freibad seien in Deutschland überall junge Männer zu sehen.

Religiöse Begründung reicht in Österreich nicht

In Österreich liegen diesbezüglich keine Entscheidungen vor, heißt es aus dem Unterrichtsministerium. "Religionsfreiheit stellt hier die rechtliche Grundlage", sagt ein Sprecher von Ministerin Claudia Schmied (SPÖ). Schwimmen, als Teil des Lehrplans, sei grundsätzlich verpflichtend, allerdings nur in der Volksschule. Geschlechtertrennung im Islam spielt jedoch erst ab der Pubertät eine Rolle. Wenn die Eltern dann ihre Töchter vom Turnen oder Schwimmen befreien wollen, reicht eine religiöse Begründung nicht aus. Das könne nur aus gesundheitlichen Gründen erfolgen.

Im Büro des Integrationsstaatssekretärs Sebastian Kurz (ÖVP) will man keine Stellungnahme zu dem Thema Religionsfreiheit versus Schulpflicht abgeben. Es gebe in Österreich kein Problem, sagt ein Sprecher. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 13.9.2013)