Wahlkampfstratege ist das letzte, was ich momentan sein möchte.  Der Job ist inhaltlich schwierig – wie sollte man etwa einem Wähler glaubhaft machen, dass das Schicksal des Landes  von Josef Bucher abhängt? –, und es dräut ständig die Gefahr, dass die "politischen Mitbewerber" den Spitzenkandidaten, für den man verantwortlich ist, in letzter Minute mit irgendeiner dreckigen Enthüllung kompromittieren.

Und dann gibt es noch die Möglichkeit, dass sich der Spitzenkandidat selbst in die Luft sprengt (Modell „Unguided Missile"). Man hat schon Spitzenkandidaten gesehen, die sich im Wahlkampfstress stärker als üblich betrunken und dann öffentlich Humbug dahergefaselt oder  Wähler grundlos beleidigt haben! Das nennt man unter Wahlkampfstrategen Worst Case.

Wahlkampfstrategen müssen daher vorausschauend agieren und Worst Case Szenarien durchspielen, damit im Fall des Falles schnell gehandelt werden kann. Hier ein paar Beispiele:

  •  Werner Faymann überrascht bei einer TV-Konfrontation mit dem Geständnis, dass er seit Jahren ein ÖVP-Parteibuch hat ("Bin ein alter Wirtschaftsbündler"). Faymanns Begründung: "Eins muss man den Schwarzen lassen: Die können einfach besser mit Geld umgehen."
  •  Zwei Tage vor der Wahl fliegt auf, dass Michael Spindelegger neben seiner Tätigkeit als Außenminister einem Sado-Maso-Laufhaus in Gloggnitz vorsteht (Spitzname bei den Kunden: "Der strenge Michl"). Darauf angesprochen, reagiert Spindelegger patzig: "Wie ich in der Freizeit  etwa dazuverdiene, ist meine Privatsache".
  •  Mehrere Medien enthüllen, dass Eva Glawischnig insgeheim die Website "Tschuschen zurück auf den Balkan" betreibt. Glawischnigg: "Politisch bin ich eh für Einwanderung, aber privat kann ich die Typen nicht ausstehen."
  •  HC Strache wird in flagranti ertappt, wie er einem anatolischen Szenewirt am Brunnenmarkt einen Mordstrumm Zungenroller verpaßt. Seine läppische Rechtfertigung: "Was soll ich machen? Der Türk schmust einfach viel besser als Gottfried Küssel."
  •  Last, not least fordert Frank Stronach in der TV-Elefantenrunde lauthals die Todesstrafe für Faymann, Spindelegger, Glawischnig und Strache: "I houb scho a Guillotin in mainen Geschtütt in Magna Racina aufstölln laussn."

Das ist der Stoff, aus dem die Alpträume der Wahlkampfstrategen sind. Hoffen wir nur, dass sie niemals Wirklichkeit werden.    (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 14./15.9.2013)