Mutter und Tochter, für eine Nacht vereint: Sophie Stockinger und Nina Proll in "Talea". 

Foto: Filmdelights

Wien – Nur mit einem Slip bekleidet, steht Eva vor dem Spiegel und macht sich für den Schlaf bereit. Davor, im weiter gefassten Ausschnitt des Bildes, sieht man Jasmin, die bereits im Bett liegt, den Blick auf die Person im Badezimmer gerichtet. Sie beobachtet ihre Mutter, denn da sie nicht bei ihr aufgewachsen ist, kommt eine gemeinsame Nacht bereits einem kleinen Abenteuer gleich. Jede Bewegung, und sei sie so alltäglich wie das Kämmen von Haar, erscheint da von Interesse.

Die Szene aus Katharina Mücksteins Talea, ihrem Abschlussfilm an der Wiener Filmakademie, ist ein schönes Beispiel visuellen Erzählens. Sie steht in dem beim Max-Ophüls-Festival prämierten Debüt nicht allein da – immer wieder finden sich darin Stellen, in denen sich die Kamera von Michael Schindegger überlegt, geduldig einem Vorgang widmet oder sich einer Bewegung wie der des Radfahrens überlässt. Der sorgfältig komponierte Film erhält dadurch eine so verdichtete wie auch fließende Form.

Ungewohnte Nina Proll

Mückstein erzählt in Talea die Geschichte einer zwanglosen Annäherung. Die von der Newcomerin Sophie Stockinger mit schön verinnerlichter Präsenz verkörperte Jasmin ist bei Pflegeeltern groß geworden, da ihre Mutter im Gefängnis saß. Jetzt ist diese wieder draußen, und das jugendliche Mädchen sucht Kontakt zu ihr. Nina Proll zeigt ihrer Tochter in einer für sie ungewohnt gesetzten Rolle einer reiferen Frau, die schon einiges hinter sich hat, zuerst die kalte Schulter.

Doch Jasmin ist hartnäckig, und so gelingt es ihr schließlich doch, Eva für einen Ausflug ins Waldviertel zu gewinnen. Da bieten sich einige Gelegenheiten, sich näher zu kommen, neue Perspektiven auf den jeweils anderen zu entdecken. Mit Umsicht inszeniert Mückstein die beiden bei Wanderungen durch den Wald, beim Himbeerpflücken, Rauchen und in der Disco – Jasmins Wunsch, jemanden ganz für sich zu haben, sich an einer Mutterfigur zu orientieren, zu reiben, findet in Zwischentönen Ausdruck.

Erzählerisch bleibt Talea hingegen noch ein wenig rudimentär. Ein angedeuteter Moment von Eifersucht, den ein Nebenbuhler (Philipp Hochmair) auslöst, und erste Irritationen wirken nicht ganz rund – man meint, das Geschehen müsste sich noch eine Windung weiter drehen, da ist es schon wieder zu Ende.

Das erste Kennenlernen war vielversprechend. Was danach kommt, ist immer komplizierter. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 14./15.9.2013)