Eine Woche vor der deutschen Bundestagswahl reckt SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück den Stinkefinger. Nicht bösartig, sondern ironisch im Rahmen einer Fotoserie für das Magazin der Süddeutschen Zeitung.

Man kann das nachvollziehen. Der Wahlkampf war für ihn auch aufgrund der vielen medialen Dresche hart. Wenn jemand mit Ecken und Kanten, vor allem aber mit Gefühlen, sich dann einfach einmal auf diese Weise spontan Erleichterung verschafft, so zeigt das seine menschliche Seite.

Steinbrück ist sich treu geblieben. Lieber gestreckter Mittelfinger als die ewig gleiche starre "Raute der Macht", die Kanzlerin Angela Merkel mit ihren Händen formt. Das Foto liefert damit fast schon eine politische Botschaft.

Doch irgendwie dürfte Steinbrück wieder einmal übersehen haben, dass er eben nicht hauptberuflich Mensch, sondern vor allem Kanzlerkandidat ist. Für einen Bewerber um eines der höchsten Ämter in der Bundesrepublik gelten andere Benimmregeln. Den Stinkefinger zu zeigen gehört nicht dazu - zumal diese vermeintliche Momentaufnahme nun für alle Zeiten in den Archiven liegt.

In den vergangenen Wochen hat Steinbrück mit enormem persönlichem Einsatz Boden gutgemacht. Mit diesem Foto aber lässt er zu, dass sich nun wieder viele Menschen erschrocken fragen: "Geht er als Kanzler mit Putin vielleicht auch so um?" Daher hat dieses Foto noch eine weitere Botschaft: Hier hat einer eigentlich schon aufgegeben. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 14.9.2013)